Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 19

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26th October 1987, II.3) erfaßt, in der es heißt, daß nuklearen Waffen bei der Verteidigung Europas eine nicht zu ersetzende Rolle zukommt.

Atomwaffenfreie Zone – Aussöhnungschance mit Rußland:

In Mittel- und Osteuropa gibt es heute de facto eine kernwaffenfreie Zone. 1990 legte Artikel 5 Abs. 3 des deutschen Wiedervereinigungsvertrages die Atomwaffenfreiheit des Territoriums der früheren DDR fest. Am 27. September 1991 haben die USA den Abzug aller taktischen Kernwaffen aus Europa beschlossen. Eine Woche später erklärte Gorbatschow für die UdSSR einen Abzug aller sub-strategischen Kernwaffen aus Osteuropa. Anfang 1992 übernahm Jelzin diese Politik für Rußland als Rechtsnachfolger der Sowjetunion. Alle ehemaligen sowjetischen Republiken außer Rußland sind dem Atomwaffensperrvertrag als Nichtatomwaffenstaaten vor 1995 beigetreten. Die Ukraine hat die letzten strategischen sowjetischen Sprengköpfe auf ihrem Gebiet am 31. Mai 1996 nach Rußland geschickt, Weißrußland folgte im Februar 1997. Damit ist das Gebiet der Višegrad-Staaten, der baltischen Republiken, der Ukraine, der Staaten des ehemaligen Jugoslawien und das Gebiet der ehemaligen DDR de facto kernwaffenfrei. Jedoch ist die Nicht-Stationierung von Atomwaffen nur auf dem Gebiet der ehemaligen DDR vertraglich geregelt. In den letzten beiden Jahren haben Weißrußland, die Ukraine, die Schweiz, Schweden und Finnland mit verschiedenen Initiativen auf eine atomwaffenfreie Zone in Mittel- und Osteuropa gedrängt.

Gegen diese Bestrebungen bestehen die NATO und die WEU auf der prinzipiellen Bereitschaft zur Atomwaffenstationierung als Vorbedingung zu einem Vollbeitritt. Angesichts der bevorstehenden Osterweiterung des atombewaffneten Militärbündnisses ist eine gleichzeitige Erfassung der Neumitglieder unter dem Nuklearschirm mittels luftgestützter nuklearbewaffneter Bomber zu befürchten. Dieses Vorrücken nuklearer Waffen Richtung Osten wird in Rußland neue Bedrohungsgefühle wecken. Eine neue Spaltung Europas droht. Dieses nukleare Element der NATO-Osterweiterung hilft weder der Stabilität, noch bringt es mehr Sicherheit in Europa. Im Gegenteil: Es ist damit zu rechnen, daß damit auch die Nuklearpotentiale in Rußland auf hohem Niveau erhalten bleiben. Anstatt der historischen Chance, ganz Europa von Atomwaffen zu befreien, würde damit der Fortsetzung des atombewaffneten Risikospiels Tür und Tor geöffnet.

Außenminister Schüssel hat in einem Schreiben vom 3. Jänner 1997 betont: ,Die österreichische Bundesregierung tritt, wie Sie wissen, für die Reduzierung und letztlich die weltweite Abschaffung von Atomwaffen ein. Was die Errichtung nuklearwaffenfreier Zonen betrifft, so können derartige Maßnahmen über Wunsch und Initiative jener Staaten, die einer solchen Zone angehören sollen, zur Eliminierung von Atomwaffen einen wertvollen Beitrag leisten.‘

Altbundeskanzler Vranitzky hat in einem Antwortschreiben an die außenpolitische Sprecherin der Abgeordneten der Grünen, Pollet-Kammerlander, (vom 27. Jänner 1997) noch vor 15 Monaten betont, daß ihm die Einrichtung einer ,nuklearwaffenfreien Zone in Europa (...) als politisches Ziel wünschenswert erscheint‘. Auch Bundeskanzler Klima hat vor sieben Monaten in einer Anfragebeantwortung der Grünen festgehalten: ,Ich habe nicht die Absicht, die österreichische Position hinsichtlich eines aktiven Einsatzes für die Reduzierung und letztlich die allgemeine Abschaffung von Nuklearwaffen abzuändern.‘ (2556/AB, XX. GP) Gleichzeitig hat es der Bundeskanzler jedoch versäumt, auf die Frage der Einrichtung einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa und einer österreichischen Initiative dafür auch nur einzugehen.

Außenminister Schüssel hat in einer Anfragebeantwortung der Grünen ebenfalls gemeint: ,Vor diesem Hintergrund wird Österreich seine auf allgemeine systematische und progressive Abrüstung zielende Politik selbstverständlich weiter verfolgen.‘ (2541/AB, XX. GP) Auch er hat es an gleicher Stelle versäumt, auf die spezifische politische Qualität einer atomwaffenfreien Zone in Mitteleuropa als vertrauensstärkende Maßnahme mit Rußland und als Basis zu einer gesamteuropäischen atomwaffenfreien Zone auch nur einzugehen. Dies ist umso unverständlicher, als eine solche Initiative tatsächlich ein Beitrag zur GESAMTeuropäischen Sicherheit wäre, könnte damit immerhin auch hinsichtlich des russischen Atompotentials eine Basis für intensive internationale Zusammenarbeit in Hinblick auf Kontrolle gelegt werden. Aber auch die Chance der Aussöhnung mit Rußland, die eine solche atomwaffenfreie Zone in Mitteleuropa legen könnte,


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