Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 111. Sitzung / Seite 27

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Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (fortsetzend): Es ist bezeichnend, daß sich für das Thema Atomkraft in diesem Land offensichtlich nur die Grünen interessieren und daß Sie es vorziehen, zu quatschen und zu tratschen. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist vielleicht auch für Sie von Interesse, daß gerade beim Thema EU-Osterweiterung von Österreich überhaupt keine Initiative ausgeht in diesem angeblich so zentralen politischen Bereich Anti-Atompolitik.

Ich wiederhole es noch einmal: Es gibt die Aussage von vielen osteuropäischen Abgeordneten, daß sie von seiten der Kommission signalisiert bekommen hätten, und zwar sehr eindeutig, daß weder die Umweltsituation noch die Atomkraftwerke ein Hindernis für einen Beitritt zur Europäischen Union darstellen würden.

Ich frage Sie, Herr Bundeskanzler: Was bedeutet das für Ihre Politik? Warum gelingt es offensichtlich nicht, sich in diese Debatte betreffend EU und Osterweiterung einzubringen? Wieso gibt es von seiten Österreichs keine Initiativen – jedenfalls keine, die bei Recherchen identifizierbar sind? – Sie kommen nicht in Zeitungsmeldungen vor, und sie kommen auch nicht in konkreten Meldungen, die wir aus Brüssel bekommen, vor. Es scheint, als würde auch diese große Chance von Österreich versäumt, nicht genutzt.

Der Vorwurf, den wir Ihnen heute anläßlich dieses aktuellen Falles in Dukovany hier machen, Herr Bundeskanzler, wo eine große Chance versäumt wird, ist, daß Sie beschwichtigen, daß Sie versprechen, daß Sie sich aber schon längst von einer aktiven Anti-Atompolitik in diesem Land verabschiedet haben! (Beifall bei den Grünen.)

Als Beleg dazu dient auch Ihre gestrige Aussage in London. Sie haben gestern gesagt – das ist in der Austria Presse Agentur nachzulesen unter dem Titel: "Klima fordert Sicherheitsstandards für Atomkraftwerke in Europa"; ich zitiere –: Prinzipielles Ziel sei weiterhin ein atomkraftfreies Mitteleuropa, aber "wenn es schon Atomkraftwerke gebe, sollten sie einem möglichst hohen Sicherheitsstandard entsprechen, sagte der Kanzler nach einem Mittagessen der 26 Staats- und Regierungschefs im Buckingham-Palast".

Ja!, würde jeder sagen. Nur: In Wirklichkeit zeigt das aber, wohin die Reise geht. Es bedeutet, daß Sie sich von dem Ziel verabschieden, daß diese Atomkraftwerke abgeschaltet, stillgelegt werden. Sie wollen sie offensichtlich nachrüsten lassen.

Herr Bundeskanzler! Es gibt von Ihrem Vorgänger, von Dr. Vranitzky, eine Menge Aussagen, aber auch von ihm initiierte Studien, die zeigen, daß eine sogenannte Nachrüstung dieser Ost-AKW auf westliche Sicherheitsstandards nicht möglich beziehungsweise unfinanzierbar ist. Damals war die offizielle Regierungspolitik, daß es nicht das Ziel sein kann, etwas Unmögliches erreichen und den Schein erwecken zu wollen, daß eine Nachrüstung sicher ist, sondern daß das Ziel eindeutig der Ausstieg aus der Atomkraft ist – und das innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens.

Was wir und viele Umweltorganisationen in diesem Land verlangen, ist ein umfassendes Atomverfassungsgesetz, das vor allem auch die Frage der Atomwaffen beinhaltet.

Herr Bundeskanzler! Sie selbst diskutieren seit einigen Monaten die Frage einer neuen Sicherheitsstruktur in Europa. In der Debatte wird immer versucht, eines zu verschleiern: Die Mitgliedschaft in einem Militärbündnis, egal ob NATO oder WEU, bedeutet gleichzeitig auch die Mitgliedschaft in einem nuklearbewaffneten Bündnis, das bedeutet selbstverständlich die Zurverfügungstellung von Infrastruktur für Atomwaffen, das bedeutet auch die Durchfuhr, den Transport und möglicherweise auch die Aufstellung von Atomwaffen. (Abg. Scheibner: Das ist ein Blödsinn!)

Wir wollen von Ihnen wissen, wie Sie sich in dieser Frage genau positionieren. Es gibt von seiten der SPÖ eine Stellungnahme vom Oktober, wonach die Atomwaffen im Bundesverfassungsgesetz enthalten sein sollen: nämlich ein Verbot des Transportes, der Lagerung und der Durchfuhr, nicht der Infrastruktur. Die ÖVP ist dagegen; offenbar ist sie geistig schon längst in


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