Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 31

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Eine der entscheidenden Rahmenbedingungen nach der Schaffung der gemeinsamen Währung ist dabei ein harmonisiertes Steuersystem, das nur in einem Prozeß erreichbar ist, das nicht von heute auf morgen realisierbar ist. Die noch bestehenden Unterschiede in den Steuersystemen, ein unfairer Steuerwettbewerb und Steueroasen führen zu Verzerrungen des Marktes, die abgebaut werden müssen.

Die vordringlichsten steuerpolitischen Zielsetzungen sind – ähnlich wie bei uns – die Entlastung des Faktors Arbeit und die Frage der Ökologisierung. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission stieg die Abgabenbelastung des Produktionsfaktors Arbeit zwischen 1980 und 1994 um mehr als 7 Prozent, während die Belastung anderer Produktionsfaktoren, wie etwa Kapital und Energie, um über 10 Prozent gesunken sind. Österreich muß und wird im Rahmen seiner EU-Präsidentschaft in diesem Bereich besonders aktiv werden. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Für die mittelfristige Budgetpolitik in Österreich sind die finanziellen Beziehungen zum EU-Haushalt von großer Bedeutung. Die künftige Finanzierung der Europäischen Union ist daher eine wichtige Frage. Die anlaufende Diskussion um die Agenda 2000 muß daher insbesondere vom Gesichtspunkt der Sparsamkeit und der Reformen bestimmt sein.

Wir sind eines der reichsten Länder der Union, und wir stehen auch zum Prinzip der Solidarität und des Lastenausgleichs innerhalb der Gemeinschaft. Wir wollen und müssen aber im Interesse der Bürger unseres Landes auf einen fairen Lastenausgleich innerhalb der Union bestehen, der einzelne Mitgliedstaaten nicht überfordert, ihre Nettozahlerposition nicht verschlechtert und dennoch neue Aufgaben ermöglicht. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Ich habe daher kürzlich – im Einklang mit meinen deutschen, schwedischen und niederländischen Amtskollegen – die Kommission klar auf die Situation der Nettozahler und die Notwendigkeit von Korrekturen hingewiesen. Und wir werden diesen Standpunkt auch bei den kommenden Verhandlungen zu den finanziellen Aspekten der Agenda 2000 vertreten.

Diese Agenda, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist ein mittelfristiges politisches Zielkonzept der Union, das wirtschaftliche, strukturelle und finanzpolitische Neuorientierungen und Herausforderungen mit sich bringt. Und sie macht noch etwas deutlich: daß Europa mehr ist als die Union.

Europa ist ein großer Wohlstands- und Friedensraum. In diesem Sinne ist daher eine Erweiterung der Union als große Aufgabe und Chance für alle zu sehen. Denn sie ist eine große Friedensinitiative für unseren Kontinent, sie ist eine Chance, das Wohlstandsgefälle zwischen West- und Osteuropa zu verringern, und sichert damit die Weiterentwicklung der Demokratie in ganz Europa. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Die Handelsströme zwischen West- und Osteuropa haben sich seit der Ostöffnung vervielfacht. Österreich hat eine geographisch exponierte Position und liegt bei den Investitionen in Osteuropa im Spitzenfeld. Durch die Ostöffnung wurden daher auch neue Arbeitsplätze und ein zusätzliches Wirtschaftswachstum geschaffen. Eine weitere Verbesserung dieser Beziehungen liegt somit auch im Interesse unseres Landes.

Eine Erweiterung der Union muß aber selbstverständlich gut vorbereitet sein. Das Wohlstandsgefälle zwischen Ost und West, das bislang die Migration von Menschen gefördert hat, muß verringert werden. Es ist deshalb zweckmäßig, wenn die Union die Länder Mittel- und Osteuropas bei ihrem Aufholprozeß unterstützt, wie das auch bei den Erweiterungen um Spanien, Portugal und Griechenland der Fall war.

Andererseits muß es im Interesse von Anrainerländern wie Österreich – so wie bei früheren Erweiterungen – Übergangsfristen, etwa im Bereich der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, geben. Auf die spezielle Lage der jeweiligen EU-Grenzregionen muß – wie auch schon in der Vergangenheit – besonders Rücksicht genommen werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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