Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 48

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Dingen überfrachten. Und der Zusammenhang mit der Politik des Jahres 1995 ist mir ein bißchen dunkel geblieben.

Wir debattieren ja heute nicht über die Währungsumstellung als solche und auch nicht über die Einrichtung eines einheitlichen Währungsraumes, sondern über eine der dafür notwendigen Voraussetzungen. Da geht es auch um technische und politische Dinge, die nur Österreich und gar nicht Krieg und Frieden betreffen. Aus der Sicht der Opposition ist eines der Versäumnisse, die mit dieser Novelle vorliegen, natürlich jenes, daß dem Proporz in der Oesterreichischen Nationalbank nach wie vor kein Riegel vorgeschoben wird. Es weiß ja – ich will nicht sagen, jedes Kind – jeder, der sich mit der Materie ein bißchen beschäftigt, daß die Oesterreichische Nationalbank natürlich eine der letzten Hochburgen des politischen Proporzes zwischen SPÖ und ÖVP ist. Und dagegen gibt es keinerlei Vorkehrungen. Es gibt sogar ein oder zwei kleine Peinlichkeiten im Gesetz in diesem Zusammenhang.

Ein Symptom – Herr Haider und Herr Peter haben schon darauf hingewiesen – für das Ganze ist ja nur die unveränderte Zusammensetzung des Generalrates in Form der Sozialpartner, die auch schon vom Europäischen Währungsinstitut kritisiert worden ist. Ich komme darauf gleich zurück.

Herr Dr. Stummvoll und Herr Minister Edlinger, damit kein Mißverständnis entsteht: Ich halte hier kein Plädoyer gegen die Sozialpartner. Ich war immer ein Freund dieses speziell österreichischen Modells der Konfliktlösung, wenn es dort eingesetzt wird, wo es hingehört, nämlich im Rahmen der Kollektivverträge und vor allem in der Aushandlung von Löhnen und Arbeitsbedingungen, in der Aushandlung von Verträgen, die dann der Kontrolle des Marktes unterliegen. Die Vergangenheit hat gerade in Österreich gezeigt, daß immer dann, wenn man die Sozialpartner sich selber überläßt, zum Beispiel früher in bestimmten Sektoren der Nahrungsmittelindustrie, nur eines passiert: Auf wirtschaftlicher Ebene wird zu Lasten Dritter ein Kartell geschlossen, und auf personalpolitischer Ebene wird auch eine Art Kartell zu Lasten Dritter geschlossen, nämlich in Form des Proporzes. Das hat sich überall gezeigt, das hat mit dem Konfliktlösungsmodell, das Sie, Herr Minister, in Ihrer Rede heute angesprochen haben, überhaupt nichts zu tun.

Die Nationalbank ist etwas, was die Engländer ein "closed shop" nennen würden. Sie ist ein closed shop, eine geschlossene Anstalt, zu der Nichtparteimitglieder von SPÖ und ÖVP schlicht keinen Zugang haben. Sie ist das, was Herr Kollege Nowotny heute, glaube ich, schon ein bißchen schönfärberisch geschildert hat.

Ich persönlich schätze Frau Kollegin Tumpel-Gugerell in höchstem Maße. – Das ist aber nicht das Thema. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz. – Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. ) Ja, okay, aber das ist nicht mein Thema. (Abg. Dr. Nowotny: Doch, das war das Thema vom Haider!) Mein Thema ist, daß Nicht angehörige von SPÖ oder ÖVP in der Nationalbank keine Karriere machen können. Das ist der eigentliche Skandal! (Beifall bei den Grünen sowie der Abgeordneten Mag. Peter und Dr. Krüger.  – Abg. Mag. Stadler: So ist das!) Das Problem des Proporzes war ja nie – auch nicht in der VOEST oder in der verstaatlichten Industrie und so weiter –, daß jeder einzelne Manager ein Dummkopf gewesen wäre. Das war ja nicht der Fall. (Abg. Dr. Nowotny: Das muß man deutlich sagen! Daher muß das abgeklärt sein!) Ja okay, aber das war jetzt meine Meinung. Ich debattiere nicht darüber, was der Herr Haider gesagt hat, sondern über meinen speziellen Vorwurf, und dieser ist um eine Spur anders.

Ich bin mir noch nicht sicher darüber, ob die jetzigen Bestimmungen in den §§ 20 und 21 halten werden, ob diese wirklich EWI-konform beziehungsweise EZB-konform sind. Immerhin bleibt die Beratung in monetären Angelegenheiten durch die Mitglieder des Generalrats aufrecht, beziehungsweise hat dieser Generalrat die Erstattung von Dreiervorschlägen für das Direktorium zu leisten. Im Gesetzentwurf steht zwar "unverbindlich", aber das schaue ich mir doch an. Wenn die Bundesregierung das erste Mal über den proporzmäßig abgesicherten Vorschlag des Generalrats "drüberfährt", werde ich sagen: Das ist unverbindlich! Vorher würde ich eher um eine Flasche Wein mit Ihnen wetten, daß dieser Vorschlag verbindlich sein wird.


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