Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 49

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Es gibt in diesem Zusammenhang auch noch ein Kuriosum am Rande zu erwähnen, das ich Ihnen nicht vorenthalten möchte und das Kollege Haider – trotz seiner akribischen Recherchen und der Berichte aus dem Finanzausschuß, in dem ja einige dieser Punkte schon diskutiert worden waren – übersehen hat. Das ist zwar nur ein Kuriosum am Rande, es wirft aber trotzdem ein Schlaglicht auf die personalpolitischen Absprachen zwischen SPÖ und ÖVP, die so weit gehen, daß sie sogar in diese Gesetzesnovelle, die ja an sich nichts anderes zu tun hätte, als die Nationalbank EZB-konform zu machen, Eingang gefunden haben.

Der jetzige Generaldirektor wird in Zukunft "Gouverneur" heißen – das ist eben die neue Sprachregelung im zukünftigen Euroraum – und Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank sein. Und somit wird der zukünftige Gouverneur eine wichtigere Person sein, wichtigere Funktionen haben, als das beim gegenwärtigen Präsidenten der OeNB der Fall ist.

Der jetzige Generaldirektor heißt Wala und wird meines Wissens der SPÖ zugerechnet. Er wäre daher bis auf weiteres, so lange die Übergangsbestimmungen eben gelten, Gouverneur. Das wäre ein ganz normaler Vorgang, wie er in jedem anderen Land der EU wahrscheinlich auch stattfände. – Das darf aber nicht sein. Es darf nämlich deswegen nicht so sein, daß Herr Wala Gouverneur wird, weil diese Position offensichtlich schon dem Herrn Liebscher versprochen worden ist. Daher gibt es in diesem Gesetzentwurf die Übergangsbestimmung des § 87 Z 3, in der sinngemäß steht, daß bis auf weiteres die Funktion des Gouverneurs von Herrn Präsidenten Liebscher wahrgenommen wird und die Neuernennung des Gouverneurs bis spätestens 15. Juli, aber mit Wirksamkeit 1. September zu erfolgen hat.

Der Laie fragt sich: Warum mit 1. September? Wenn der Gouverneur bis spätestens 15. Juli zu bestellen ist, warum dann nicht gleich mit 16. Juli oder 1. August? – Nein, die Ernennung muß mit 1. September erfolgen, und das hat einen ganz einfachen Grund: Generaldirektor Wala geht nämlich mit 1. September in Pension. – Dieser letzte Satz steht natürlich nicht im Gesetzentwurf. Diese ganze Angelegenheit finde ich ziemlich peinlich.

Der zweite größere Kritikpunkt ist die fehlende Transparenz und die Tatsache, die ich "fehlende intelligente Begründungspflichten" nennen würde. Es ist zwar ein Fortschritt – Kollege Nowotny hat schon darauf hingewiesen –, daß § 32 vorsieht, daß das Direktorium zweimal jährlich im Finanzausschuß zu berichten haben wird. – Deine Wortwahl, Ewald, war aber eine Spur anders. Du hast gesagt: Es wird eine Aussprache im Finanzausschuß geben. – Mir wäre es lieber gewesen, wenn im § 32 "Aussprache" stünde, weil dieser Begriff suggeriert, daß man miteinander spricht. Im Gesetzentwurf steht aber "Berichtspflicht". Wenn die Damen und Herren der Nationalbank aber nicht gewillt sind, werden sie berichten, ohne diskutieren zu wollen. Wir Grünen werden versuchen, das nicht zuzulassen. (Abg. Dr. Nowotny: Ich werde dich dabei immer unterstützen!)

Aber auch in anderem Zusammenhang werden der Notenbank Rechte eingeräumt, ohne daß sie entsprechende Pflichten zu erfüllen hat. In § 44 der Gesetzesnovelle werden der Notenbank verschiedenste Rechte eingeräumt, wie zum Beispiel Auskünfte einzuholen, Daten zu sammeln und so weiter. Doch das erfolgt nicht einfach auf freiwilliger Basis, sondern, wenn der oder die Betroffene sich nicht an diese Auskunftswünsche hält, diese nicht erfüllt, dann wird es auch eine Strafandrohung laut § 82 geben.

Es gibt also eine Auskunftspflicht des Bürgers, aber keine symmetrische Begründungspflicht der Nationalbank. Eine symmetrische Veröffentlichungspflicht ihrer Ergebnisse, eine Art Beweislegung, wie sie zu ihren Entscheidungen gekommen ist, gibt es nicht. Das ist im Gesetz nicht vorgesehen. Das ist übrigens gar nicht so sehr meine Erfindung, sondern das hat auch das Statistische Zentralamt in seiner Kritik erwähnt.

Ich zitiere: In den vorgeschlagenen Bestimmungen fehlt – es werden verschiedene Punkte angeführt, und der letzte Punkt ist dieser – eine objektive Veröffentlichungspflicht der Ergebnisse und eine ausführliche Darstellung der verwendeten Konzepte und Methoden. – So weit die Kritik des Statistischen Zentralamtes. – Dieser Mißstand wurde in der Novelle auch nicht geändert.


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