Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 50

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Meine Damen und Herren! Lieber Ewald! Diese Asymmetrie zwischen Rechten, Daten zu ermitteln, und Pflichten, über das, was mit diesen Daten gemacht wurde, in einer Art Rechtfertigung zu berichten, berichten zu müssen, ist nicht nur eine akademische Frage oder ein Umstand, der das Statistische Zentralamt stört, sondern ich meine, daß in der EZB, in der Europäischen Zentralbank, die kleinen Nationen ein Problem haben werden, sich Gehör zu verschaffen. Denn es ist etwas anderes, ob der österreichische Vertreter spricht oder der deutsche beziehungsweise der französische. Deswegen wird es sehr darauf ankommen, daß diese Vertreter in der EZB im Hintergrund eine Institution haben, die eine gewisse Reputation hat, die nämlich auf wissenschaftlich-analytischer Ebene – oder wie immer man das nennen will –, abgehoben von den politischen Fragen, Reputation hat. Und in dieser Beziehung hat sich die Oesterreichische Nationalbank – jetzt unabhängig von ihren Verdiensten im Bereich der Hartwährungspolitik et cetera, was heute schon genannt wurde – bis jetzt keine Reputation erworben beziehungsweise – lassen Sie es mich schwächer ausdrücken – hat sie sich nicht jene Lorbeeren erworben, die ich mir von ihr erwarten würde.

Ich erinnere nur daran, wie zum Beispiel vor ungefähr sechs Monaten von einigen Mitarbeitern der Nationalbank eine Studie verfaßt wurde über, glaube ich, strukturelle Budgetdefizite in Österreich und Europa. Die Nationalbank hat aber alles getan, um diese Studie zu unterdrücken, was völlig absurd ist, weil das ja eine Studie ihrer Mitarbeiter war und es daher des offiziellen Plazets der Nationalbank überhaupt nicht bedarf. Es hat jedoch Wochen gedauert, bis sich die Nationalbank damit abgefunden hat, daß sie diese Studie herausrücken muß, weil ihr Inhalt vielleicht politisch nicht ganz opportun war.

Ich bin sehr gespannt darauf, ob das nächste Experiment in dieser Beziehung, nämlich die Studie "Structural Budget Deficits and Sustainability of Fiscal Positions in the European Union" vom Februar dieses Jahres – ebenfalls von drei Mitarbeitern der Nationalbank verfaßt – in der Schriftenreihe der OeNB veröffentlicht werden wird oder nicht.

Auch in diesem Zusammenhang ist übrigens der Proporz von gewisser Bedeutung, denn eine Institution, die den Ruf hat, daß in ihr nur "Rote" oder "Schwarze" Karriere machen können, wird in vielen Fällen hochintelligente Leute gar nicht anziehen. Wir werden ja sehen, wie sich diese Entwicklung in den nächsten zwei Jahren fortsetzen wird, aber das ist der Status quo.

Einige andere Kritikpunkte, die im Finanzausschuß angeklungen sind, werde ich jetzt nicht wiederholen. Im wesentlichen hat Herr Peter zutreffende Äußerungen gemacht. Wir Grünen werden daher den beiden Anträgen, die er eingebracht hat, zustimmen.

Abschließend noch ein Punkt, weil er von allgemeinerem legistischen Interesse ist, nämlich die Bestimmungen in § 23 beziehungsweise in § 33: Es können die Mitglieder des Generalrats beziehungsweise des Direktoriums abberufen werden, wenn sie – ich zitiere – "eine schwere Verfehlung" – Zitatende – begangen haben.

Ich finde, das ist nun wirklich kein Ruhmesblatt österreichischer Legistik. Was zum Kuckuck ist eine "schwere Verfehlung"? Ist das ein neuer strafrechtlicher Tatbestand? – Das ist mir nicht bekannt. Eine schwere Verfehlung, die später zu einer Abberufung führt, könnte zum Beispiel die Beachtung des Proporzes sein. Aber das ist wahrscheinlich nicht gemeint. – Ich danke Ihnen vielmals. (Beifall bei den Grünen.)

11.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Anna Huber. – Bitte.

11.10

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zu den Ausführungen des Herrn Dr. Van der Bellen anmerken, daß die hervorragende Qualifikation von Mitarbeitern der Nationalbank nicht hinwegzudiskutieren ist, auch wenn sie Mitglied einer politischen Partei sind. (Beifall der Abg. Hagenhofer. ) Ich bin sehr froh darüber, daß es Mitglieder der SPÖ und der ÖVP gibt, die diese Qualifikation aufweisen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Ing. Langthaler: Aber andere vielleicht auch!) Andere auch.


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