Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 103

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genommen worden. – Sie, Herr Abgeordneter Grabner, sagen, das kann doch nicht wahr sein; Sie wundern sich. Schauen Sie sich das doch einmal an! 170 Personen, bei denen ein Grund für die Verhängung der Schubhaft vorhanden gewesen wäre, sind wieder freigelassen worden!

Sehr geehrter Herr Minister! Sie listen in Ihrer Anfragebeantwortung auch auf, wie viele Personen freigelassen werden mußten, weil sie sich freigepreßt hatten: Das waren in vier Monaten 929 Fremde. Allein in Wien haben sich 444 Personen freigepreßt, das sind 20 Prozent aller Schubhäftlinge.

Und noch etwas muß ich Ihnen vorhalten, Herr Minister: In Niederösterreich, in Kärnten und in Tirol wird nicht einmal eine Statistik darüber geführt, wie viele Schubhäftlinge sich freigepreßt haben. Das interessiert offensichtlich überhaupt niemanden. Und Sie haben noch die Kühnheit, auf eine unserer Anfragen im November 1997 zu antworten: Das ist eine unbefriedigende Situation – Sie geben ja sehr gerne alles zu –, an deren Verbesserung in meinem Ressort gearbeitet wird. – Also ich kann Ihnen bescheinigen, daß Sie seit September 1997 nicht daran gearbeitet haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ganz im Gegenteil. Ihre Verwaltung funktioniert so wenig, daß es seit diesem Zeitpunkt noch mehr freigepreßte Schubhäftlinge gegeben hat. Sie sind wirklich der größte Ankündigungsminister. Ich sage es Ihnen immer wieder. Sie machen sich zwar überall lieb Kind, indem Sie die Mißstände zugeben, Sie versprechen Änderungen, aber in Wirklichkeit führen Sie dann überhaupt nichts durch, Herr Minister.

Ähnlich ist es auch in bezug auf die Hafträumlichkeiten. In der Anfragebeantwortung sagen Sie, Sie werden 160 Millionen Schilling für Schubhafträumlichkeiten ausgeben. Angefangen haben Sie nicht einmal mit einem Schubgefängnis, aber wenn Sie so weitermachen, daß Sie Freipressungen zulassen, dann brauchen Sie ohnehin keine Schubhafträume mehr und wir können uns die 160 Millionen Schilling ersparen. Aber welche Mißstände wir dann in Österreich haben und wie sich diese verstärken werden, das möchte ich lieber nicht wissen, sehr geehrter Herr Minister.

Wissen Sie, über diese Freipressungen freut sich die Caritas, es freuen sich wahrscheinlich auch die Grünen. Aber, Herr Minister, Sie sind nicht ein Vertreter der Caritas oder von "SOS-Mitmensch", sondern Sie sind der Innenminister dieser Republik. Und als Innenminister müssen Sie auch dafür Sorge tragen, daß in Österreich der Rechtsordnung zum Durchbruch verholfen wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es hat in Vorarlberg bereits eine organisierte Freipressung gegeben. Reihenweise sind dort die Schubhäftlinge in Hungerstreik getreten und in der Folge auch freigelassen worden. Sie haben ganz stolz den Medien gesagt: Schubhäftlinge sind bei uns noch nie zwangsernährt worden. Sie haben dann auch noch weiters voll Stolz gesagt: Weit mehr als 1 000 Schubhäftlinge sind schon nach Hungerstreiks entlassen worden.

Herr Minister! Ich verstehe überhaupt nicht, wieso Sie auch noch voll Stolz auf diese 1 000 hinweisen. Auf der anderen Seite sagen Sie nämlich: Die Betroffenen befinden sich nach der Entlassung in einem rechtlosen Zustand. Sie dürfen sich nicht frei bewegen oder einen Lebensunterhalt verdienen, aus Gesundheitsgründen aber auch nicht in Haft bleiben. (Abg. Aumayr: Was ist dann mit ihnen?)

Was stellen Sie sich denn vor, was mit diesen Leuten geschehen soll? Wenn Sie sich weiterhin gegen eine Zwangsernährung derer, die sich mittels Hungerstreik freipressen wollen, wehren, dann werden Sie einen Stand der Rechtlosen in Österreich schaffen. Wenn das Ihre Zukunftsperspektive hinsichtlich dieser Fremden ist, dann, muß ich sagen, kann ich Sie nur sehr bedauern. Und ob das einem menschlichen Gesichtspunkt entspricht, Herr Minister, das wage ich auch zu bezweifeln.

Ich glaube, Sie sollten sich einmal den Kopf über diese sogenannten Rechtlosen zerbrechen. Wie sollen sie ihren Lebensunterhalt verdienen? Es ist doch völlig klar, daß sie sehr leicht in die Kriminalität schlittern können – und das wollen Sie fördern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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