Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 108

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wird davon gesprochen, hier Neues zu machen und Gesetze reparieren zu wollen. Es gab aber bis jetzt nur Ankündigungen, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Gleiche Redezeit. – Bitte.

15.25

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Problematik ist an sich evident. Ich meine aber, es ist in der Debatte noch nicht auf den eigentlichen Rechtsgrund eingegangen worden.

Kollegin Partik-Pablé! Kollege Lafer! Natürlich ist eine Verwaltungsübertretung auch eine Verletzung der Rechtsordnung. Aber es gibt zu Recht unterschiedliche Regelungskreise. Es gibt das Verwaltungsstrafrecht und das Kriminalstrafrecht, das Strafgesetz im eigentlichen Sinn. Beide ressortieren übrigens zu verschiedenen Ministern, und zwar nicht ohne Grund. Das Strafrecht ist Justizmaterie, das Verwaltungsstrafrecht ist – im speziellen Fall – Materie des Bundesministers für Inneres. Und die Trennung dieser beiden Rechtsbereiche hat mehr als einen Grund. Sie wurde nicht zuliebe des Problems, das wir heute diskutieren, erfunden.

Es gibt eben Rechtsnormverletzungen von unterschiedlicher Bedeutsamkeit. Daher ist auch der Rechtsschutz, was die Verfahren anlangt, anders ausgebildet. Es ist allemal noch ein Unterschied, ob man mit dem Strafgesetz in Konflikt gerät, vor Gericht gestellt und im Rahmen eines ordentlichen Gerichtsverfahrens bestraft wird oder ob ein Verwaltungsstrafverfahren abgewickelt wird. Dazwischen gibt es große Unterschiede. Das Verwaltungsstrafverfahren – insbesondere des österreichischen Rechts – entspricht sicher nicht der Gerichtsförmigkeit. In Österreich haben wir daher die Verwaltungsgerichtsbarkeit als zusätzliche Kontrolle.

Daher bitte ich Sie wirklich herzlich: Werfen Sie bei diesen Themenbereichen – weil Sie das jetzt gut brauchen können – Strafrecht und Verwaltungsstrafrecht nicht in einen Topf und verwischen Sie diese Grenzen nicht! Sie sind insgesamt wichtig. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das werden wir uns für eine andere Diskussion merken! – Ich mache es, wie es euch paßt!) Sie sind auch in diesem Fall sehr wesentlich, und daher ist auch die Frage der gelinderen Mittel genau an diesen Regelungskreisen zu messen. Frau Kollegin Partik-Pablé! Ich sage es noch einmal: Werfen Sie diese beiden Begriffe nicht durcheinander, sondern untersuchen Sie einmal im vorliegenden Problemfeld die sogenannten Haftgründe!

Es gibt Schubhäftlinge ganz unterschiedlicher Qualifikation, was die Genesis ihrer Schubhaft anlangt. Nach diesen Kriterien muß man hier unterscheiden. Überall dort, wo Bundesbetreuung in Frage kommt, wäre sie eigentlich erste Wahl. Sie ist zwar ein Risiko, weil sich der bundesbetreute – Anführungszeichen – "Delinquent" möglicherweise durch sie überhaupt dem Zugriff der Behörden entziehen kann. Man kann ihm nichts mehr zustellen, man kann ihn nichts mehr fragen. Er taucht unter. Dieses Risiko besteht natürlich, das ist klar. Aber es ist immer die Frage, wie man mit den Menschen umgeht und welchen Zugang zu Würde und Menschenrecht man hat.

Ich meine, überall dort, wo Schubhaft aus einer Verwaltungsübertretung resultiert oder es sich um Asylwerber handelt, ist sie in aller Regel unangebracht. Ausnahmen werden möglich sein, aber in aller Regel ist die Bundesbetreuung erste Wahl. Wenn man diesen Zugang zu diesem Problem wählt, dann wird man zwar immer noch das Thema auf dem Tisch haben, das der Herr Bundesminister hier zu behandeln hatte, aber es wird sich um ganz andere Zahlen handeln. Das ist wichtig. – Punkt eins.

Punkt zwei: Herr Bundesminister! In Ihrer Anfragebeantwortung führen Sie zu Frage eins aus – ich frage jetzt sozusagen nach –, daß Sie sich bemüht hätten, mit dem Bundesminister für Justiz eine gemeinsame Regelung zu entwickeln, daß diese Gespräche gescheitert seien und daß Sie daher in den kommenden Monaten eine diesbezügliche Gesetzesinitiative vorlegen werden. – Ich meine, wenn Sie solch eine Anfrage beantworten, dann wäre es sinnvoll, wenn Sie die Inhalte einer solchen gesetzlichen Initiative skizzieren würden. Ich kann das hier nicht erkennen.


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