Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 121

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Österreich mit seiner kleinen, offenen Volkswirtschaft hat Interesse daran, daß es Abkommen gibt, durch die Investitionen im Ausland geschützt werden. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg.  Dr. Lukesch: Bravo!)

Ich danke, Herr Abgeordneter Lukesch, komme aber nun insofern zur Kritik, als es mich verwundert, von Herrn Staatssekretär Wittmann hören zu bekommen, daß das Parlament angeblich dauernd informiert worden wäre. Bei den Oppositionsparteien sind keine wie immer gearteten Informationen angekommen. (Abg. Dr. Lukesch: Beim Koalitionspartner auch nicht!) Den Äußerungen des Generalsekretärs der WTO ist zu entnehmen, daß es um nichts Geringeres als um die "Verfassung der vereinigten Weltwirtschaft" geht. Die Regierungsfraktionen verhandeln im Rahmen der OECD über die Verfassung der vereinigten Weltwirtschaft, aber man findet es nicht einmal der Mühe wert, hier im Hohen Hause eine Debatte darüber zu führen.

Herr Abgeordneter Trinkl! Wenn Sie sich die Beantwortung der Dringlichen Anfrage durch den Herrn Bundeskanzlers vergegenwärtigen, dann werden Sie erkennen, daß er sich in einzelnen Fragen widersprochen hat. Herr Abgeordneter Dietachmayr hat die Sorge geäußert, daß es dazu kommen könnte, daß einzelne Gesetze zurückgenommen werden müssen. – Sie haben gesagt, ein Umweltdumping würde nicht möglich sein.

In der Antwort zur Frage 5 steht jedoch, daß die Liste der Vorbehalte, die die österreichische Bundesregierung gemacht hat, ganz wesentlich sei. Es geht also, wie Frau Abgeordnete Kammerlander bereits eingangs richtig erwähnt hat, darum, daß alles unter dieses Abkommen fällt – es sei denn, es gibt einen Vorbehalt. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu GATT und WTO.

Daher ist – wie es in der Antwort richtig dargestellt wurde – die Vorlage der Liste der österreichischen Vorbehalte ganz wesentlich. Aber diese Liste findet sich in der Beantwortung der Dringlichen Anfrage nicht. Diese Liste wurde uns vorenthalten. Sie wäre deshalb so wichtig, weil uns bei den Antworten zu den Fragen 8 und 11 vom Herrn Bundeskanzler erklärt wurde, daß es grundsätzlich um eine Erhöhung der Rechtssicherheit im grenzüberschreitenden Wirtschaftsleben geht. Er meinte, dies könne dazu führen, daß der künftige Handlungsspielraum der Vertragsparteien, also auch Österreichs, eingeschränkt würde. Ein wenig später sagte er, darüber hinaus bliebe es den Vertragsparteien unbenommen, eigenständige Politik zum Schutz der Umwelt, zur Einhaltung der sozialen Standards, zum Schutz der Gesundheit und zur Wahrung der Interessen der Verbraucher zu betreiben.

Herr Abgeordneter Lukesch! Wenn das so ist, dann möchte ich diese Liste der Beantwortung der Dringlichen Anfrage beigefügt haben. Es wäre alles, was Sie hier sagen, Schall und Rauch, wenn man nicht wüßte, wo, in welcher Form und mit welcher Formulierung die österreichische Bundesregierung die Vorbehalte angemeldet hat. (Abg. Dr. Trinkl: Die Liste ist sicher ein wesentlicher Bestandteil!) Ja, sie ist aber nicht dabei.

Herr Staatssekretär Wittmann sagte hier, es gehe doch nur um Mindeststandards. Ich meine, Mindeststandards können nichts Schlechtes sein. – Wir haben aber schon gehört, daß diese Mindeststandards in Wahrheit zur Einschränkung der nationalen Souveränität in der Festlegung der Umweltpolitik und der Sozialstandards führen können.

In der Antwort zu den Fragen 8, 17 und 19 erfahren wir dann zum Schluß, daß das MAI selbstverständlich kein Freibrief für multinationale Konzerne sei, sondern nur die verbindlichen Mindeststandards festlege. – Aber Mindeststandard ist im Sprachgebrauch unseres Hauses doch etwas, was bessere Bedingungen zuläßt. Unter Mindeststandards im Umweltbereich verstehen wir zum Beispiel, daß es nicht schlechter, aber sehr wohl besser sein darf.

Herr Abgeordneter! Wenn das so ist, dann verstehe ich nicht, wozu wir noch Ausnahmen brauchen, denn wenn wir nur sagen, es sollen der ganze Umweltbereich und der ganze Sozialbereich nicht unter ein bestimmtes Niveau gedrückt werden können, dann heißt das doch, daß wir schärfere Regelungen machen können. Wenn das aber so wäre, dann bräuchten wir überhaupt keine Ausnahmebestimmungen.


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