Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 112. Sitzung / Seite 133

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Diesen Gefallen wollen wir den Fraktionen der Regierung natürlich gerne machen, indem wir darauf hinweisen, daß sie einen Antrag der Liberalen, den es seit über einem Jahr hier im Hause gibt, unbearbeitet gelassen haben und daß es endlich an der Zeit ist, vielleicht auch aus aktuellem Anlaß, über diesen Antrag im Verfassungsausschuß in Diskussion zu treten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

17.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir schreiten jetzt in der Debatte fort. Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Herr Abgeordneter, für Sie und die folgenden Redner in dieser Debatte beträgt die Redezeit jeweils 5 Minuten. – Bitte.

17.13

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die SPÖ-Fraktion wird diesem Fristsetzungsantrag des Liberalen Forums nicht zustimmen. Zum einen ist er inhaltlich verbesserungsfähig – gelinde gesagt; ich komme noch darauf zurück –, und zum anderen: Für das Timing habe ich einen besseren Vorschlag als die Fristsetzung.

Meine Damen und Herren! Man kann dem Liberalen Forum und Frau Dr. Schmidt eine Kritik heute nicht ersparen. – Ich mache es mir jetzt nicht so billig, zu fragen: Wo ist denn die Frau Dr. Schmidt?, denn sie ist immerhin die Unterzeichnerin dieses Antrages. Es ist schon klar, wo sie ist. Ich mache es mir auch nicht so leicht, zu sagen, dieser Antrag ist wohl im Wahlkampffieber entstanden, dort ist die Motivation zu suchen. Man erhofft sich vielleicht ein bißchen Rückenwind. Ein kleines "Demokratieschmankerl" macht sich sicher gut auf den Marktplätzen. – Nein, meine Damen und Herren, so leicht mache ich es mir nicht. Es geht um eine tiefere Ungereimtheit, um eine Doppelbödigkeit.

Wir sind uns, wie ich annehme, darüber einig, daß die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen über privilegierte Abgeordnetenstimmen verändert, beseitigt gehören. (Abg. Mag. Barmüller: Aber das verweigert ihr seit einem Jahr, Kollege Kräuter! Seit einem Jahr verweigert ihr die Diskussion!) Kollege Barmüller, da sind wir ganz d’accord. Zum Beispiel auch beim Volksbegehrengesetz 1973, wo eben acht Stimmen von Abgeordneten soviel wie 10 000 Bürger zählen. Da sind wir uns einig in der Begründung, auch wie sie hier im Antrag steht. Mit Teilen bin ich einverstanden, etwa damit, wo es heißt: "Diese Privilegierung der Bundes- und der Länderparlamente scheint unsachgemäß." (Abg. Mag. Barmüller: Deswegen: Reden wir im Ausschuß darüber!)

Aber jetzt kommt der Kern: Ist es konsequent, wenn das Liberale Forum einerseits hier Kritik übt und unbändigen Reformwillen zeigt, während andererseits – praktisch zeitgleich – dem Liberalen Forum für die eigene Präsidentschaftskandidatur, für die Kandidatin, die privilegierten Abgeordnetenunterschriften recht und billig sind?! – Das paßt doch nicht zusammen!

Und sogar die eigene Unterschrift ist der Kandidatin willkommen – und die eigene Unterschrift sogar doppelt: einmal für sich und einmal für die Konkurrenz! (Abg. Mag. Barmüller: Weil du Wahlen und Volksbegehren nicht auseinanderhalten kannst, Herr Kollege! Ist ein Volksbegehren eine Wahl?!)

Soll man das jetzt "listig" oder "kurios" nennen? – Ich glaube, es ist wichtig, in diesem Zusammenhang festzuhalten: Insgesamt ist es nicht redlich, wie hier argumentiert wird. Jedenfalls ist es doppelbödig. (Neuerliche Zwischenrufe beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Was ist inhaltlich verbesserungsfähig, was ist ergänzungsbedürftig? – Ich bin, wie gesagt, einverstanden mit dem Antrag des Liberalen Forums, wenn man sagt: Den § 3 Absatz 3 Volksbegehrensgesetz soll man streichen. Einverstanden! Aber es gibt noch viele andere Punkte, die nicht behandelt, die nicht angesprochen worden sind. Zum Beispiel der § 2. Muß der Antrag von 10 000 Personen unterschrieben sein? Kann man nicht vielleicht über eine Zahl von 5 000 oder 6 000 diskutieren? Oder: Sollte man vielleicht das komplizierte Einleitungsverfahren vereinfachen oder formlos gestalten? – Dazu gibt es einige Ansätze von der Initiative "Direkte Demokratie", die durchaus willkommen sind.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite