Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 12

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Ich halte es für notwendig, sich vor Augen zu führen, was heute bereits möglich ist, aufzuzeigen, was heute festgehalten wird und was daher mit einer Vernetzung dieser Daten, mit einer Weitergabe dieser Daten angestellt werden kann. Wenn man jetzt noch die technische Revolution auf dem Telephonmarkt in Betracht zieht, wenn man weiß, daß es heute möglich ist, Reisebilder von jemandem zu erstellen, und zwar ohne sein Wissen, weil ein eingeschaltetes Handy ständig Frequenzen hat, die festgehalten werden können, und man daher genau weiß, wann sich wer wohin bewegt hat, muß das doch zu denken geben. Es ist nämlich technische Realität, daß das möglich ist.

Wenn man dann noch weiß, daß sämtliche Daten von Gesprächen an die sechs Monate – in Österreich oftmals sogar noch länger – aufgehoben werden, und zwar einerseits, um Reklamationen begegnen zu können, aber andererseits auch, um Aufträgen der Polizei nachkommen zu können, muß man doch zur Erkenntnis gelangen, daß es geradezu ein Horrorszenario ist, wenn es aus den Reihen der Polizei die öffentliche Forderung gibt, nun eine Überwachungsmöglichkeit mittels Word-scanners zu schaffen. Das würde bedeuten, daß sämtliche Telephongespräche überwacht werden können, weil eingeschaltet wird, wenn irgendein Codewort fällt, und dann verwertet werden können.

Das eröffnet eine Dimension, die mir deswegen kalte Schauer über den Rücken jagt, weil damit das deutlich geworden ist, was wir von Anfang an gesagt haben: daß dieser erste Schritt, den diese beiden Koalitionsparteien da gesetzt haben, eine Schleuse öffnet, die überhaupt nicht mehr geschlossen werden kann. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Noch schlimmer, wenn Sie, noch dazu aus Ihrem Ressort, sagen, daß das passiert und für Sie etwas ganz Normales ist. Das ist ja der Grund, warum der Heeresnachrichtendienst dringend einer ordentlichen Kontrolle, bis hin zur Abschaffung, bedarf. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist offenbar nicht realisiert worden, auch wenn wir davor gewarnt haben, daß mit der Einführung von Lauschangriff und Rasterfahndung die Unschuldsvermutung umgedreht wird. Jetzt werden hoffentlich alle begreifen, daß alle Bürger in unserem Land von diesem Staat, von diesem Innenminister als Verdächtige behandelt werden, mit der Begründung: Wir machen ja nachher ohnehin einen Unterschied zwischen Schuldigen und Unschuldigen. (Abg. Dr.  Maitz: So ein Unsinn!)

Sie müssen einmal unterscheiden zwischen den Dimensionen "verdächtig" und "unverdächtig" und "schuldig" und "unschuldig". Das wäre ja noch schöner, wenn Schuldige und Unschuldige auch noch gleich behandelt werden würden! Aber daß Sie Verdächtige und Unverdächtige gleich behandeln, indem Sie alle einmal potentiell überwachen, das ist für mich unerträglich! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher sage ich: Mit unserem derzeitigen Datenschutzrecht haben wir ein zahnloses Instrument, um derartigem Überwachungswahnsinn auch wirklich Einhalt zu gebieten. Ich fordere Sie daher auf, nicht die Augen zu verschließen und nicht mit Argumenten zu kommen, man müsse sich gegen Verbrecher zur Wehr setzen. Denn wenn Sie einmal wirklich akzeptieren, daß Sie eine Waffengleichheit herstellen wollen, dann haben wir den Rechtsstaat aufgegeben. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

9.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand der Aktuellen Stunde gelangt der Herr Innenminister zu Wort. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundesminister.

9.12

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Abgeordnete Dr. Schmidt, es geht hier nicht darum, daß der österreichische Innenminister oder die österreichische Exekutive vor Realitäten die Augen verschließt, sondern es geht darum, daß wir gemeinsam dieses Problem sehr sensibel angehen. Sie haben heute hier ja auch sehr differenziert argumentiert. Sie haben nicht nur argumentiert in Richtung Gefahr durch Exekutive und Gefahr durch andere öffentliche Institutionen, sondern Sie haben sehr wohl auch aufgezeigt, welche Gefahren es im Bereich von


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