Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 20

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Das muß man nur wissen. Man kann sich dazu bekennen. Man kann sagen: Alles in Ordnung! Wir hören jeden ab, irgendeiner wird schon verdächtig sein, wenn wir Glück haben. Wenn nicht, dann hören wir morgen weiter ab. Aber so zu tun, als ob der dringende Tatverdacht Voraussetzung wäre, das ist blauäugig, um nicht härtere Ausdrücke zu verwenden.

Damit sind wir beim sogenannten großen Lauschangriff. Ich kann mich daran erinnern, wie man hier im Haus und vorher in den Ausschußberatungen die Leute damit unter Druck gesetzt hat, daß man gesagt hat, wir könnten etwas von unserem Musterschülerimage einbüßen, denn überall im Ausland sei das gang und gäbe, und die Deutschen schauten schon schmunzelnd auf den "Kameraden Schnürschuh", auf den Österreicher, weil er so zimperlich ist und Ausnahmen, die die Rechtskultur verlangt, zulassen möchte. Und mit wenigen Ausnahmen hat das Haus dann dem großen Lauschangriff zugestimmt. Nicht allerdings die Freiheitlichen, nicht drei Abgeordnete der ÖVP, nicht andere noch aus dem Oppositionsbereich, aber sonst alle.

Und was ist jetzt? – Nachträglich stellt sich heraus, daß die Deutschen die Ausnahmen geschaffen haben, die man uns vorenthalten hat, obwohl die Deutschen seinerzeit die Rute im Fenster waren, weshalb man gesagt hat: Blamieren wir uns nicht! Das müssen wir machen, denn die Deutschen haben das schon längst. – Nichts haben sie gehabt! Abgelehnt haben sie es, denn dort gilt der Rechtsstaat doch noch etwas mehr als bei uns, und die Rechtskultur wird hochgehalten. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie beim Liberalen Forum.)

9.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. – Bitte sehr.

9.45

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobro jutro, poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! "Operieren auf der Grundlage des Rechtsstaates" – das ist die Maxime, das sind die Worte, die der Herr Bundesminister in seinen Ausführungen bezüglich der Vorwürfe und bezüglich der Bedenken der Kollegin Schmidt, was die datenschutzrechtliche Situation in erster Linie im Zusammenhang mit dem Lauschangriff in Österreich angeht, gewählt hat, um damit seine Sicht der Dinge zu umschreiben.

"Operieren auf der Grundlage des Rechtsstaates." – Herr Bundesminister, no na net werden Sie als Innenminister hier sagen, daß Sie auf Grundlage des Rechtsstaates operieren. Es wäre doch geradezu grotesk, sich vorzustellen, daß Sie nicht auf Grundlage des Rechtsstaates operieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist der Kern dieser Aussage? – Der Kern dieser Aussage ist – so interpretiere ich die Diskussion, die wir ein dreiviertel Jahr lang im Zusammenhang mit der Einführung des sogenannten großen Lauschangriffes in Österreich hatten –, daß das Operieren auf Grundlage des Rechtsstaates nichts ist, was gefährlich ist, nichts ist, was jemanden einschränkt. Es ist nur die Frage: Wie ist dieser Rechtsstaat ausgestaltet? Wo wird dieser Rechtsstaat eingeschränkt? Wo werden die Bürgerinnen und Bürger in ihren Rechten beschnitten? – Alles operierend auf der Grundlage des Rechtsstaates.

Wenn wir den Rechtsstaat scheibchenweise beschneiden, dann, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird es brenzlig, dann ist es brenzlig, und in dieser Situation sind wir jetzt. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Es geht um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger in Österreich, die vor allem im Hinblick auf ihre intimste Sphäre, auf personenbezogene Daten, die gesammelt werden, auf Telephonüberwachung, die durchgeführt wird, eingeschränkt werden, es geht um die Rechte, die im Zusammenhang mit dem großen Lauschangriff eingeschränkt werden, der doch in ein paar Monaten jede rechtsstaatliche Grundlage – um bei den Worten des Herrn Bundesministers zu bleiben – hat. All diese Rechte sind massiv eingeschränkt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist die Situation, in der wir heute sind. Und wenn der oberste Hüter der Sicherheit des einzelnen Bürgers und der einzelnen Bürgerin Österreichs


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite