Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 107

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Zur Frage 12:

Eine Erweiterung der Union muß selbstverständlich gut vorbereitet werden. Das Wohlstandsgefälle zwischen West und Ost, das bislang die Migration von Menschen gefördert hat, muß selbstverständlich verringert werden. Es ist daher zweckmäßig, wenn die Europäische Union diesen Aufholprozeß in den mittel- und osteuropäischen Staaten unterstützt und ihnen dabei Hilfe gewährt.

Andererseits muß es im Interesse der Anrainerländer wie Österreich liegen, daß es bei der Erweiterung Übergangsfristen geben wird, die insbesondere auch bei der Freizügigkeit hinsichtlich der Arbeitnehmer einzufordern sein wird. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Auf die spezielle Lage der jeweiligen EU-Grenzregionen muß selbstverständlich wie schon in der Vergangenheit Rücksicht genommen werden, und diesbezüglich sind auch die Vorstellungen Österreichs bereits an die Europäische Union weitergeleitet worden. (Abg. Aumayr: Nehmen Sie die Reaktion von Brüssel!) Wir werden versuchen, diese unsere Anliegen in Brüssel auch vehement zu vertreten. (Beifall bei SPÖ und ÖVP. – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Unsere Perspektive für Europa ist also nicht die einer Festung, sondern eines Europa, das den Raum des Wohlstandes und des Friedens auf diesem Kontinent auch im eigenen Interesse sichert. (Abg. Haigermoser: Ein Verlegenheitspascher war das jetzt!)

Zur Frage 13:

Die wichtigsten als österreichische Ballungszentren zu bezeichnenden österreichischen Städte in Tagespendeldistanz zu städtischen Zentren (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) in den mittel- und osteuropäischen Ländern sind Wien, Graz, Klagenfurt und Linz. Ohne die von Österreich zu fordernden Übergangsregeln hinsichtlich der Arbeitnehmerfreizügigkeit ist im Falle eines Beitrittes der mittel- und osteuropäischen Nachbarstaaten insbesondere mit einem Ansteigen der Tagespendler zu rechnen, und deswegen wird auch diese Übergangsfrist einzufordern sein. Diese Übergangsfristen werden zentrales Thema bei den Beitrittsverhandlungen sein.

Zur Frage 14:

Vorab ist festzuhalten, daß die bisherige Erfahrung im Dienstleistungshandel mit den mittel- und osteuropäischen Ländern jedenfalls günstig ist. Die Zahlungsbilanz weist im grenzüberschreitenden Handel mit den potentiellen Beitrittskandidaten einen beständigen Überschuß aus. Dieser Überschuß ist in etwa in einer Größenordnung von 12,6 Milliarden Schilling zu sehen, und ohne diesen positiven Beitrag des Dienstleistungshandels mit den potentiellen Beitrittsländern wäre das Leistungsbilanzdefizit Österreichs um rund ein Viertel höher gewesen.

Eine flächendeckende regionale Analyse der Effekte der Ostöffnung auf die Einzelhandelsentwicklung ist noch zu erarbeiten, es bestehen jedoch empirische Hinweise, daß mit Kaufkraftabflüssen im Bereich des grenzüberschreitenden Einkaufsverkehrs beziehungsweise bei den standortgebundenen arbeitskostenintensiven Dienstleistungen zu rechnen sein wird.

Entsprechende präventive Maßnahmen werden daher in dem von Österreich geforderten Sonderprogramm für Grenzregionen zu den mittel- und osteuropäischen Ländern zu setzen sein. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Khol. )

Zur Frage 15:

Die Regierungskonferenz von Amsterdam hat bekanntlich im Bereich der Sozial- und Umweltpolitik substantielle Fortschritte erzielt. Das Sozialabkommen wird nunmehr in den Vertrag eingebaut und ist somit für alle Mitgliedstaaten – sowohl für die derzeitigen 15 Mitgliedstaaten als auch für die künftigen Mitgliedstaaten aus Mittel- und Osteuropa – verbindlich. (Abg. Haigermoser: Ja! Oh! Ui!) Damit bestehen wieder einheitliche Rechtsgrundlagen für die Sozialpolitik.


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