Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 163

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fördern. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal betonen, daß ich die Wehrmachtsausstellung für einen wichtigen Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung halte, daß die Diskussion darüber außerordentlich wichtig ist, damit wir mit dieser Vergangenheit fertig werden. Ich möchte dazu Ingeborg Bachmann zitieren: "Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar." – Ich denke, diese Wahrheit ist auch den Österreichern zumutbar. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Ich glaube auch, wir müssen unseren Kindern klarmachen, was der nationalsozialistische Terror mit Kunstschaffenden vollzog. Ich möchte da den amerikanischen Historiker Steven Beller zitieren, der gesagt hat: "Wien kann niemals das ersetzen, was es 1938 verlor." – Deshalb sollte auch unser Umgang mit den Erben dieser vorwiegend jüdischen Kultur noch mehr gepflegt und gefördert werden. Denn eines steht fest: Das kulturelle, geistige Erbe Wiens seit der Jahrhundertwende wurde vor allem von den Juden geprägt.

Ich freue mich in diesem Zusammenhang sehr über die Errichtung des Arnold Schönberg-Museums. Da ist wieder jemand sehr spät nach Österreich zurückgeholt worden. Ich denke, gerade Österreich mit seiner musikalischen Tradition hat den wichtigsten Vertreter der modernen Komposition nach Österreich zurückgeholt. Ich bedanke mich bei allen, die am Zustandekommen dieses Museums beteiligt waren, besonders bei der Stadt Wien. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Ich möchte noch ein Beispiel anbringen, das ich eher beschämend finde. Bezeichnenderweise handelt es in Kärnten. Es hätte ein Auftrag an Cornelius Kolig vergeben werden sollen, die Fresken im Kärntner Landtag zu malen. Er ist ein Enkel von Anton Kolig, dessen Fresken im Kärntner Landtag 1938 von den Nazis als "entartet" bezeichnet wurden, übermalt worden sind und als dem Volksempfinden unzumutbar dargestellt wurden. Da hätte es, indem man den Auftrag an den Enkel Koligs vergeben hätte, tatsächlich einen Akt der Wiedergutmachung geben können, einen Akt wider das Vergessen und der kritischen Vergangenheitsbewältigung.

Zurück noch einmal zum Kulturbericht: Ich wünsche mir, daß wir genau diese Themen auch in der wissenschaftlichen Aufarbeitung in allen Bereichen der Museen zum Thema machen, daß man sich mit dieser Vergangenheit auseinandersetzt und wir in Zukunft alles daransetzen und tatsächlich eine Aufarbeitung stattfinden lassen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ, beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

19.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Zweytick. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.35

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Herr Minister! Ich bleibe in der Gegenwart und gehe nicht zurück in die Vergangenheit, wenngleich man über Wehrmacht und Wehrmachtsausstellung sicher diskutieren könnte und auch sollte – vor allem darüber, in welcher Form sie gegenwärtig vorgetragen wird. Es geht darum, die Gesellschaft und gerade die Jugend dafür zu sensibilisieren, und es ist sicher sehr schwierig, hier eine objektive Sensibilisierung zu schaffen, zumal es noch viele Menschen in diesem Land gibt, die – durchaus berechtigt – diesbezüglich ihre Meinung vertreten und sich sehr reserviert dieser Ausstellung gegenüber verhalten. Zudem werden sehr viele Leute beschuldigt und wird über diese Leute geurteilt, wobei ich nicht weiß, ob es korrekt ist, daß die Menschen von heute über Menschen aus der Vergangenheit urteilen. Da ist mein Rechtsverständnis, wenn ich auf die Ausführungen von Frau Kollegin Petrovic zurückkommen darf, ganz ein anderes.

Aber wir sollen nicht über das Rechtsverständnis diskutieren. Vielmehr geht es um den Kulturbericht 1996. Meiner Überzeugung nach hat Kultur keinen Selbstzweck, sondern dient der gesellschaftlichen Auseinandersetzung, der Bewußtmachung, der Bildung schlechthin. Dem vorliegenden Bericht entnehme ich, daß es gelungen ist, Museen herkömmlicher Prägung mit neuen Museumskonzepten, die auf unmittelbares Erleben und Erlebnishaftigkeit abzielen, zu versehen. Darauf dürfte auch die steigende Zahl der Besucher zurückzuführen sein, was natür


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