Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 169

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen sogleich in die Debatte ein.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

19.59

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Hauses! Das Liberale Forum beschäftigt sich seit längerem mit Fragen der Standortpolitik. Ausfluß dieser Tätigkeit ist das Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz 1998, das wir uns hiermit dem Hohen Hause vorzulegen erlauben.

Damit sich unsere Debatte nicht gleich im Detail verhakt, lassen Sie mich zwölf Präambeln, zwölf Punkte eines Prätextes vorschalten, von dem ich meine, daß es wichtig ist, diesen zu verstehen, sich darauf zu einigen oder auch nicht zu einigen, jedenfalls darüber zu debattieren, bevor man über Details der Standortpolitik beziehungsweise der Wirtschaftsflexibilisierung diskutiert.

Lassen Sie mich damit beginnen:

Erster Prätext: Wirtschaften ist ohne Zweifel kein Selbstzweck. Wirtschaften dient vielmehr dazu, daß Menschen sich kulturell verwirklichen und ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Das hängt gleich mit dem zweiten Punkt zusammen, nämlich daß der Primat der Politik über die Wirtschaft um jeden Preis aufrechterhalten werden muß. Denn wenn Wirtschaft sich zum Selbstzweck entwickelt, dann gewinnt sie eine Eigendynamik, die die Menschen unter sich begräbt. Daher ist es die Aufgabe von uns Politikern, die notwendigen Rahmenbedingungen für die Wirtschaft zu schaffen.

Dritte Bemerkung: Politik muß abseits ideologischer Barrieren den gesellschaftlichen Wandel abbilden. – Das ist eines der großen Probleme in Österreich. Wir schleppen sehr viele Erfahrungen aus der Vergangenheit mit und wissen ganz genau, wie es war und wie wir darum gekämpft haben, soziale Schutzmechanismen und Rahmenbedingungen des Wirtschaftens zu finden. Und es fällt uns heute so schwer, uns von dem für damalige Verhältnisse wichtigen Erreichten zu verabschieden, weil es dem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel nicht mehr entspricht.

Vierte Bemerkung: Mobilität und Internationalität schreiten voran und bestimmen den Handlungsspielraum nationaler Politik. Meine Damen und Herren! Wer heute die Augen davor verschließt, daß wir uns insbesondere die Beschäftigung betreffend in einem Strukturwandel befinden – wir durften das ja in der Debatte über die Dringliche Anfrage bereits diskutieren – , der überschätzt den eigenen Handlungsspielraum nationaler Politik. Gegenwärtig bestimmen immer mehr Elemente transnationaler und internationaler Politikfelder die nationale Politik.

Fünfter Punkt – für mich einer der wesentlichsten – : Das soziale Netz ist der größte Beitrag zur politischen Kultur in unserem Land. Es ist in Europa und insbesondere in Österreich gelungen, durch ein soziales Netz soziale Konflikte weitgehend auszuschalten. Wir gefährden dieses soziale Netz allerdings, wenn wir es überdehnen und bis an die Grenzen seiner Finanzierbarkeit gehen. Denn der Erhöhung der potentiellen Beiträge zur Finanzierung des sozialen Netzes – seien es Beiträge von Arbeitnehmern, Arbeitgebern oder auch des Staates – sind offensichtlich Grenzen gesetzt. Die Verschuldenssituation unseres Landes ist ein deutliches Beispiel dafür.

Sechster Punkt: Nur wer sicher ist, kann frei sein. Das ist die Voraussetzung. Wenn wir also mehr Selbstbestimmung und Freiheit der Menschen verlangen und mehr Eigenverantwortung von ihnen fordern wollen, dann sind wir angehalten, vorher die soziale Sicherheit sicherzustellen und zu garantieren.

Siebenter Punkt: Selbstbestimmung und Arbeitnehmerschutz können am besten im Wege der innerbetrieblichen Mitbestimmung gesichert werden. Ich glaube, meine Damen und Herren, daß


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite