Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 113. Sitzung / Seite 177

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Zu den Ausführungen des Abgeordneten Nürnberger: Ich denke, da wird etwas verteidigt, was überhaupt nicht mehr der Realität entspricht. – Herr Abgeordneter Nürnberger! Zum einen haben Sie gesagt, Sie werden mit diesen Vorschlägen nicht mitgehen – das werde auch ich nicht tun. Aber da Sie auch gesagt haben, daß Anschläge von Ihrer Fraktion abgewehrt wurden und auch in Zukunft abgewehrt werden, möchte ich Sie schon fragen: Wo und wie, bitte? (Abg. Meisinger: Klassenkampf!)  – Die Sparpakete sind nicht vom Liberalen Forum, nicht von der Opposition erfunden worden. Ich denke, es ist unbestreitbar, daß sie zu Lasten der sozial Schwachen gegangen sind: zu Lasten der Frauen, zu Lasten der jungen Menschen in Ausbildung, zu Lasten der KarenzgeldbezieherInnen.

Ich frage Sie weiters: Wo werden denn Anschläge abgewehrt? Ist es nicht so, daß es einen sehr starken manchesterliberalen Wirtschaftstrend gibt – den unterstelle ich Ihnen in dieser Form nicht – und Sie teilweise versuchen, diesem Druck entgegenzutreten – aber dort, wo es starke Vertretungen gibt? Wie sieht denn das Lohn- und Einkommensniveau in der Erdöl- und Chemiebranche oder bei den Metallern – ich verwende bewußt die männliche Form – aus, und wie schaut es dagegen bei den Textilarbeiterinnen aus? – Es zeigt sich ein unterschiedliches Nachgeben gegenüber einem allzu freien Spiel eines entfesselten Marktes, eines Killerkapitalismus, der sich da breitgemacht hat.

Ein weiterer Punkt, Herr Abgeordneter: In manchen Bereichen leistet überhaupt niemand Widerstand. Dazu gehört die Regelung für Kolporteure, die Frage, ob sie freie Unternehmer oder unselbständig Beschäftigte sind. Auf diesem Markt besteht ein enormer Druck von gewissen Magnaten, dem niemand Widerstand leistet. Es ist ein selektiv freier Markt, der manche Personengruppen preisgegeben hat. Auch die Sozialdemokratie hat diese Gruppen preisgegeben, und daher meine ich, Sie können den Anspruch, daß Sie hier irgend etwas verteidigen, wirklich nicht mehr aufrechterhalten. Denn Sie verteidigen Rechte sehr selektiv – die Frauen, die AusländerInnen, ganze Gruppen wurden dabei preisgegeben. Insofern ist es eine wirklich skurrile Debatte, die hier abläuft. (Beifall bei den Grünen.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Eine weitere Wortmeldung liegt von Frau Abgeordneter Tichy-Schreder vor. – Bitte, Frau Abgeordnete.

20.35

Abgeordnete Ingrid Tichy-Schreder (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Das ist sozusagen die zweite Wirtschaftsdebatte, die wir heute führen. Dazu möchte ich Ihnen eines sagen, Herr Abgeordneter Peter (Abg. Mag. Peter: Nur eines? – Abg. Schwarzenberger: Eines, das besonders wichtig ist!)  – mehrere Dinge, aber eines stelle ich allem anderen voran –: Sie haben mit dem Ausdruck "Wirtschaftsflexibilisierungsgesetz" ein sehr gutes Schlagwort gewählt. Dazu möchte ich Ihnen gratulieren.

Allerdings werden inhaltlich meiner Ansicht nach die Prioritäten in mancher Hinsicht falsch gesetzt. Mit "Flexibilisierung" verbinde ich andere, weit über die dargelegten Punkte hinausgehende Vorstellungen darüber, wie man in der Wirtschaft flexibilisieren kann. Aber das Wort hört sich gut an. (Abg. Mag. Peter: Auch der Inhalt ist nicht schlecht!)

Herr Abgeordneter Mag. Peter! Zu einem Punkt, der mir sofort aufgefallen ist, möchte ich Sie bitten, auch ein bißchen in Richtung Zukunft zu denken und nicht nur in der Vergangenheit zu verharren. Ich weiß, das Liberale Forum ist stets bereit für Freizügigkeit der Öffnungszeiten, das ist ein Thema, dessen Sie sich angenommen haben: alles freigeben. Allerdings, Herr Abgeordneter Peter, bringen Sie mit der Freiheit der Öffnungszeiten noch lange kein Geschäft in die Läden. (Abg. Mag. Peter: Mit dem Zusperren auch nicht!) Denn bedenken Sie, was die Menschen bewegt (die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe) : Tote Augen in Straßen klagen an. – Das ist die Realität, und nicht, daß es zuwenig Möglichkeiten zum Einkaufen gibt. Denn alle Umfragen belegen, daß wir mit den vorhandenen Regelungen das Auslangen finden.

Die Probleme im Handel liegen ganz woanders, und ich möchte Sie bitten, in dieser Debatte darüber zu sprechen. (Abg. Dolinschek: Auch über die große Handelsspanne!) Die Probleme liegen zum Beispiel darin, daß das Ausmaß der Verkaufsflächen seit 1976 um 118 Prozent


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