Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 114. Sitzung / Seite 13

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behandelt, und weiters vertrat er die Auffassung – und das war ein wichtiger Punkt des Erkenntnisses –, daß es sich bei der Notstandshilfe um eine Versicherungsleistung handelt.

Das wurde 1996 festgestellt, Herr Kollege Feurstein, und spätestens ab diesem Zeitpunkt hätte die Regierung auch danach handeln müssen. Sie hätte zum Beispiel nicht nur in der Regierungsvorlage, die im darauffolgenden Jahr dem Parlament vorgelegt wurde, darauf Bezug nehmen können, daß es sich um eine Versicherungsleistung handelt, was sie jedoch nicht getan hat, sondern sie hätte auch in der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof, die vor wenigen Wochen stattgefunden hat, auf dieses Urteil Bezug nehmen können. Aber die Bundesregierung, die gegenüber dem Verfassungsgerichtshof eine Stellungnahme abgegeben hat, hat noch Ende 1997 oder Anfang 1998 in dieser Verhandlung beim Verfassungsgerichtshof so getan, als ob es dieses Erkenntnis des Europäischen Gerichtshofes nicht gäbe, und hat nach wie vor behauptet, daß es sich um eine Fürsorgeleistung und nicht um eine Versicherungsleistung handle.

Genau das, Kollege Feurstein, ist es, was ich dieser Bundesregierung ankreide: daß sie wider besseres Wissen in der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof so getan hat, als ob es sich um eine Fürsorgeleistung handle, obwohl es bereits ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofes gegeben hat. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Das ist unlauter, Kollege Feurstein! Das betrifft zwar nicht Sie persönlich, denn Sie waren ja nicht bei der Verhandlung, aber das Verhalten der Bundesregierung war unlauter:

Denn um dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofes zu korrigieren, hat die Bundesregierung eine Regierungsvorlage eingebracht, von der sie behauptet – und das behaupten auch Sie, Herr Kollege Feurstein, und alle anderen Vertreter der Regierungsparteien – , daß dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Rechnung getragen worden sei und die Notstandshilfe im Prinzip versicherungskonform konstruiert sei. Und Sie behaupten auch jetzt nach wie vor, daß die Notstandshilfe versicherungskonform konstruiert sei.

Warum behauptete die Regierung dann aber in der Verhandlung beim Verfassungsgerichtshof, daß eine versicherungskonforme Ausgestaltung gar nicht notwendig sei, weil es sich hiebei selbstverständlich um eine Fürsorgeleistung handle? Warum wird das zu einem Zeitpunkt behauptet, zu dem das Gesetz, bei welchem wir heute nur mehr einen Jahrestag adaptieren, schon längst in Kraft getreten ist? – Weil Sie ein schlechtes Gewissen haben! Weil Sie ganz genau wissen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, daß das, was Sie hier beschließen, nicht sauber ist! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Sie wissen, daß es in dieser Form keine Versicherungsleistung ist, und Sie wissen, daß die Regelung, die wir hier und heute beschließen, einzig und allein dem Zweck dient, ausländische Arbeitslose von dieser Leistung auszuschließen. Und damit Ihnen das gelingt, sind Sie sogar bereit, auch österreichische Arbeitslose von dieser Versicherungsleistung auszuschließen, Herr Kollege Hums.

Wir können über viele Punkte diskutieren, etwa darüber, daß die Kosten angeblich zu hoch seien – was nicht stimmt und was zu beweisen wäre –, aber über einen Punkt können Sie nicht hinweggehen: daß Sie nicht nur die ausländischen Arbeitslosen, sondern auch inländische Arbeitslose – österreichische Arbeitslose müßte man korrekterweise sagen, Staatsbürger – um diese Versicherungsleistung prellen. Das nehmen Sie in Kauf, weil Sie ganz genau wissen, daß das nur einige wenige betrifft, das nehmen Sie in Kauf, damit Sie den anderen die Leistung auf alle Fälle wegnehmen können.

Meine Damen und Herren! Man könnte einiges über die Vorgangsweise der Regierungsparteien sagen, die für sich beanspruchen, jetzt einen verfassungskonformen Zustand wiederherzustellen, obwohl das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zu dem Zeitpunkt, als Sie diese Reparaturabsicht schon beschlossen hatten, Ihnen allen, meine Damen und Herren, im Detail noch nicht bekannt sein konnte. Ich behaupte: Das Urteil des Verfassungsgerichtshofs ist tatsächlich eine Novität, nämlich insofern – darauf haben Sie, Herr Kollege Feurstein, durchaus richtig hingewiesen – , als der österreichische Verfassungsgerichtshof erstmals zu dem Erkenntnis


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