Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 122

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Sie werden zum Beispiel den Milchproduzenten erklären müssen, wie es möglich ist, daß Österreich die schärfsten Hygienebestimmungen hat; dies führt dazu, daß viele die Milchproduktion werden aufgeben müssen. Sie werden erklären müssen, wie die österreichischen Milchproduzenten dann noch – so, wie es jetzt geschieht – in eine extensive Form, in die Mutterkuhhaltung, ausweichen sollen, obwohl die Quoten bereits erschöpft sind und jetzt in der Agenda 2000 überdies vorgeschlagen wird, die Mutterkuhhaltungsquoten neuerlich zu reduzieren.

Was sollen denn diese Bauern dann noch tun? – Die Milchproduktion läßt sich nicht mehr durchführen: Der Preis wird gesenkt, die Hygienebestimmungen verschärfen sich. Die Mutterkuhhaltung ist auch nicht mehr möglich, weil die Agenda 2000 und das Quotensystem dem einen Riegel vorschieben. Welche Perspektiven werden Sie den jungen Menschen in den benachteiligten Gebieten geben können?

Sie werden erklären müssen, warum die Milchprämien bei den Milchkühen nicht voll ausgenützt werden können. Die Kopfprämie ist bei einer Durchschnittsleistung von 5 800 Kilogramm angesiedelt, wir aber haben nur 4 500 Kilogramm. Das heißt, daß wir nur zirka 70 Prozent der möglichen Milchprämien, der Kopfprämien werden ausnützen können. Das müssen Sie den Milchbauern erklären!

Sie werden uns und Sie werden den Bauern erklären müssen, aus welchem Grund Sie Ihre Hausaufgaben nicht erledigen. Denn Sie haben am 22. April 1994 gemeinsam mit der SPÖ einen Vertrag unterzeichnet, in dem drinsteht, daß ein Jahr nach dem EU-Beitritt eine Mehrwertsteueranpassung erfolgen wird und Sie eine entsprechende gesetzliche Änderung vornehmen werden. Deren Ausbleiben hat Verluste in einer Größenordnung – wie das Wifo bereits errechnet hat – von jährlich 1,7 Milliarden Schilling zur Folge, also ungefähr in der Größenordnung, in der sich die prognostizierten Verluste aufgrund der Agenda 2000 bewegen werden. Es ist nicht die Schuld der Europäischen Union, daß Sie in dieser Angelegenheit säumig sind und diese Anpassung nicht vorgenommen haben, sondern das ist Ihre Schuld. Das war Ihr Wahlversprechen an die Bauern beim EU-Beitritt, das ist ein Vertrag, den Sie geschlossen haben! Das ist Ihre Verpflichtung, die Sie den Bauern gegenüber zu erfüllen haben, und das wird Ihr Wortbruch sein, ja das ist schon Ihr Wortbruch, den Sie den Bauern gegenüber begangen haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Jedes Jahr 1,7 Milliarden Schilling Verlust, weil Sie nicht in der Lage sind, die Verträge zu erfüllen, die Sie selbst unterzeichnet haben – ganz zu schweigen von der Tatsache, daß wir den höchsten Dieselpreis in ganz Europa haben! Wenn heute Kollege Schwarzböck wie auch Kollege Molterer hier sagen, daß die Wettbewerbsbedingungen in Europa nicht verzerrt sein dürfen, dann frage ich Sie: Was sind das für Wettbewerbsbedingungen, wenn unsere Bauern mit dem höchsten Dieselpreis zu produzieren haben? Was sind das für Wettbewerbsbedingungen, wenn hierzulande die steuerlichen Belastungen so hoch sind, wenn hier die Sozialkosten ständig steigen, wenn hier die schärfsten Hygienebestimmungen gemacht werden? – Das ist ja keine Politik!

Da fällt mir das Vermächtnis ein, das uns Hans Kudlich hinterlassen hat. Er sagte: "Bauern seid einig, wachsam, wahrt eure politische und wirtschaftliche Freiheit. Feinde, sie zu beschneiden, sind mehr am Werk, als ihr denkt, selbst in den eigenen Reihen!" (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Das können Sie der EU und Ihrem bärtigen Freund in Brüssel, dem Herrn Fischler, ins Stammbuch schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. Gleiche Redezeit. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.16

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Eines steht mit dieser Dringlichen Anfrage jedenfalls fest: Landwirtschaft ist nichts mehr für Bauern, Landwirtschaft ist nur noch etwas für Technokraten.


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