Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 132

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der Geschäftsordnung geforderte inhaltliche Zusammenhang gegeben ist. (Ruf bei den Freiheitlichen: Absolut!) Entgegen der Meinung, daß das "absolut" der Fall ist, kann ich nur sagen, daß ich mich schon beim Verfassen eines Kommentars zur Geschäftsordnung im Jahre 1968, gemeinsam mit dem damaligen Parlamentsdirektor Dr. Czerny, intensiv mit dieser Frage beschäftigt habe.

Es war auch damals § 55 der Geschäftsordnung, in dem dieser inhaltliche Zusammenhang gefordert wurde. Und der Zweck ist auch völlig klar, nämlich, daß man bei einer Debatte zu einem bestimmten Gegenstand anhand entweder einer bestimmten Ausschußunterlage oder eines Dringlichen Antrages oder einer Dringlichen Anfrage damit zusammenhängende Materien entscheiden kann. Es kann aber wirklich niemand ernsthaft behaupten, daß die Debatte über Landwirtschaftsfragen, bei der der Herr Landwirtschaftsminister Rede und Antwort steht, mit der Entscheidung über die österreichische Außen- und Sicherheitspolitik in inhaltlichem Zusammenhang steht. (Abg. Mag. Stadler: Oja, in der Agenda 2000!)

Ich mache darauf aufmerksam, daß in der Geschäftsordnung des Jahres 1875 die Fragen des inhaltlichen Zusammenhangs überhaupt noch nicht aufgeworfen waren, weil man das Plenum des Nationalrates – damals das Abgeordnetenhaus – davor schützen wollte, daß nicht eine Minderheit mit einem Antrag sozusagen überfahren wird, der eine Materie betrifft, die nicht der Vorberatung der bisherigen Materie entsprochen hat.

Wir haben daher auch, meine Damen und Herren, zum Beispiel bei der Handhabung der Bestimmungen über die Lex fugitiva erst vor wenigen Monaten in der Präsidialkonferenz Übereinstimmung darüber erzielt, daß solche Bestimmungen der Geschäftsordnung konkret, korrekt und streng zu handhaben sind.

Ich meine, daß man ein inakzeptables Präjudiz schaffen würde, wenn man die Tatsache – die völlig unbestritten ist –, daß auch in der Agenda 2000 die Worte "Osterweiterung", "NATO", "Sicherheit" oder ähnliche vorkommen, zum Anlaß nimmt, zu sagen: Ein Antrag, der sich auf dieses Thema, nämlich auf das Thema der Dringlichen Anfrage beziehen müßte, steht dann in inhaltlichem Zusammenhang, wenn nur irgendein Wort oder Satzteil im Antrag enthalten ist.

Ich halte das aber für eine sehr grundsätzliche Frage und teile zunächst mit, daß Präsident Dr. Neisser, den ich kontaktiert habe, voll und ganz diese meine Auffassung teilt. Das ist nicht nur meine Privatmeinung. Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß der Dritte Präsident des Nationalrates dieser Meinung widersprechen würde. Aber ich berufe in diesem Fall, weil es sich um eine Grundsatzfrage handelt – und damit jeder Gelegenheit dazu hat, seine Stellungnahme abzugeben, da das auch eine Entscheidung ist, die für künftige Jahre Bedeutung hat – und weil ich, wenn ich hier einen inhaltlichen Zusammenhang feststellen würde, künftig die Mehrheitsparteien nicht leicht daran hindern könnte, die Geschäftsordnung ebenso zu handhaben, nun eine kurze Präsidialsitzung ein und unterbreche die Sitzung zu diesem Zweck.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 16.57 Uhr unterbrochen und um 18 Uhr wiederaufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Nach einer sehr ausführlichen Beratung in der Präsidialkonferenz stelle ich fest, daß ich bei dem Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Petrovic, Mag. Kammerlander und Genossen, der sich mit Fragen der europäischen Sicherheitspolitik beschäftigt, beziehungsweise beim zuletzt eingebrachten Antrag der Abgeordneten Scheibner und Kollegen den nach § 55 der Geschäftsordnung erforderlichen inhaltlichen Zusammenhang zum Gegenstand der Dringlichen Anfrage nicht feststellen kann und diese beiden Anträge daher nicht in Verhandlung stehen.

Ich füge hinzu, daß ich mich bereit erklärt habe, mit allen Ausschußobmännern dahin gehend Kontakt aufzunehmen zu versuchen, diese strenge Handhabung der Geschäftsordnung auch in den Ausschüssen zu gewährleisten, damit nicht mit zweierlei Maß gemessen wird und eine


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