Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 156

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

seriös, wie die Regierungsparteien mit den Zukunftschancen von jungen Menschen umgehen! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Kollegin Tichy-Schreder! Sie können mir doch nicht sagen, daß es das ist, was die Wirtschaft und die Unternehmer wollen, was jetzt ausgehandelt wurde, um die Beschäftigung von jungen Menschen im dualen Ausbildungssystem zu sichern. Das kann es nicht sein, und das widerspricht auch allen Forderungen der Wirtschaft. Hier ist kein Wort mehr zu hören von einem Abbau der Überreglementierungen im Berufsausbildungsgesetz, hier gibt es kein Wort mehr im Bereich Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz, hier ist nicht in einem einzigen Ansatz die Qualität der Ausbildung insgesamt angesprochen.

Die Qualität der Ausbildung – da mache ich nun einen Schlenzer zur FPÖ, auch wenn Kollege Schreiner nicht mehr da ist –, die Inhalte der Ausbildung sind anscheinend weder den Regierungsparteien noch der FPÖ ein Anliegen. Das muß ich sagen. Wir sprechen "nur" – unter Anführungszeichen – über finanzielle Entlastungen der Unternehmer. Dafür sind wir auch, aber wir wollen das in einer Form, daß auch Strukturreformen möglich werden, daß sich auch die Qualität der Ausbildung verbessern kann, daß wir mehr Freiraum im schulischen Bereich bekommen, um wesentliche zusätzliche Inhalte anbieten zu können, um auch den Forderungen der Wirtschaft gerecht werden zu können. Die Zukunft verlangt vom künftigen Arbeitnehmer, der künftigen Arbeitnehmerin andere Qualifikationen.

Wir brauchen verbesserte Kompetenzen im allgemeinen Bereich, verbesserte Kulturtechniken. Wir brauchen die Vermittlung von transferierbaren Berufsqualifikationen, um die Mobilität am Arbeitsplatz sicherzustellen. Die Spezialisierung, die praktische Ausbildung sollen im Betrieb erfolgen. Das ist mir auch ein ganz wichtiges Anliegen. Ich halte nichts von einer Verschulung der beruflichen Ausbildung. Da sind wir ganz einer Meinung. Ich halte das für verfehlt, und ich halte das einmal mehr für ein sehr, sehr kostenintensives Aufschieben der Problematik der Lehrlingsausbildung, die uns dann eben ein Jahr später auf den Kopf fallen wird, und auf den Kopf fällt sie uns ohnehin auch heute schon.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Jetzt muß ich mich schon noch einmal an die FPÖ wenden, die sich ja auch immer der Lehrlinge annimmt. (Abg. Böhacker: Wie viele Lehrlinge haben Sie in Ihrem Unternehmen?) Ich möchte einfach bitten, dieses Thema in seiner Komplexität zu sehen und nicht populistische Ansagen zu machen und jedem nach dem Mund zu reden, indem man einerseits eine Kostenentlastung durch die steuerliche Absetzbarkeit fordert – darüber kann man diskutieren –, andererseits eine jährliche Anhebung der Lehrlingsentschädigungen, die in vielen Bereichen bei Gott keine niedrigen sind. (Abg. Tichy-Schreder: Ganz genau!) Meine Tochter bekommt im dritten Lehrjahr 8 500 S netto, auch wenn sie in der Berufsschule sitzt! (Abg. Blünegger: Sollen die Lehrlinge um ein Almosen arbeiten?) Die braucht nicht mehr. So einfach ist das! Während sie in der Schule ist, hat sie den Status einer Schülerin. (Abg. Böhacker: Sie können sich das leisten!) Bildungspolitik ist nicht mit Sozialpolitik zu vermengen. Bedürftige haben eine soziale Unterstützung zu bekommen, eine Schülerbeihilfe, eine Fahrtbeihilfe, aber Bildungspolitik kann nicht Mängel in der Sozialpolitik auffangen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Böhacker: Jawohl!)

Noch etwas möchte ich Ihnen sagen: Richten Sie Ihrem Klubobmann bitte aus, daß der Polytechnische Lehrgang schon in "Polytechnische Schule" umgetauft wurde. Das hat er nicht mitbekommen. Ihn jetzt noch einmal umzubenennen ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Was heißt umgetauft? Er hat eine neue Überschrift!) Sein Vorschlag war: Benennen wir den Polytechnischen Lehrgang in Berufsschulgrundlehrgang um. Umbenennen – damit ist nichts getan. Da brauchen wir ... (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist kein Argument! Das ist nur eine semantische Änderung!) Ich kann nichts für das, was Ihr Klubobmann fordert, der nur populistische Äußerungen macht und sich mit der Thematik nie beschäftigt. (Abg. Böhacker: Frau Kollegin! Sagen Sie einmal, wie viele Lehrlinge Sie in Ihrem Betrieb haben!)

Wenn jetzt die FPÖ die steuerliche Absetzbarkeit fordert – ich hoffe nicht, daß Sie so weit gehen und auch die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt dafür zur Haftung heranziehen wollen (Zwischenruf bei den Freiheitlichen) , ich sage ja, ich hoffe, daß Sie das nicht wollen –, wenn dann Ihr


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite