Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 199

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Herr Minister! Sie haben die Rezeptgebühren erhöht. Außerdem wurden die Kuraufenthalte mit Selbstbehalten belegt. Auch die Hilfsmittel wurden mit neuen Selbstbehalten belegt. Das alles sind Kürzungen im Bereich behinderter Menschen, und all diese Kürzungen müssen behinderte Menschen nunmehr tragen. Kein Mensch fragt, wie es weitergehen soll und wie behinderte Menschen ihr Leben gestalten sollen mit den vielen Belastungen, die insbesondere in den letzten drei bis vier Jahren auf uns zugekommen sind.

Aber das ist alles kein Thema mehr, sondern es wird ganz im Gegenteil wieder diskutiert, das Pflegegeld in den obersten Pflegestufen zu senken, indem man die Pflegegeldstufe 7 nur noch denjenigen gewähren will, die völlig bewegungsunfähig, das heißt überhaupt nicht mehr in der Lage sind, selbstbestimmt zu Hause zu leben. Diesen Menschen möchte man eventuell noch das Pflegegeld der Stufe 7 zugestehen, aber alle anderen Menschen werden aus der Pflegestufe 7 herausfallen, wenn sie neue Anträge stellen.

All das sind Belastungen, über die heute niemand gesprochen hat. Hingegen hat jeder Angst, daß die Grundsteuer erhöht wird. Daß aber behinderte Menschen und AlleinerzieherInnen, daß arbeitslose Menschen seit Jahren wirklich um ihre Existenz kämpfen müssen, das ist anscheinend kein Thema mehr, sondern das haben Sie alle zur Kenntnis gekommen, unabhängig davon, wie es den einzelnen Personen wirklich damit geht.

Herr Finanzminister! Sie wissen, daß speziell im öffentlichen Bereich noch einiges zu tun ist. Ich denke da zum Beispiel an die Behinderteneinstellung. Erst vor kurzem habe ich Anfragebeantwortungen darüber erhalten, wie es in den Ministerien mit Einstellungen Behinderter aussieht.

Ich habe erst vor kurzem die Antwort auf die Anfrage erhalten, wie es denn in den Ministerien mit den Behinderteneinstellungen ausschaut. – Die Behinderteneinstellungen wurden 1997 um 1 200 Arbeitsplätze nicht erfüllt. Lieber zahlt man an den Ausgleichstaxfonds, anstatt behinderte Menschen einzustellen, denn auch das kostet Geld.

Jetzt habe ich gelesen – und das hat mich sehr erstaunt –, daß Sie beabsichtigen, im Rahmen des Nationalen Beschäftigungsplans Mittel des Europäischen Sozialfonds auch dem Bund und den Länder zur Verfügung zu stellen, wenn sie behinderte Menschen einstellen. – Ich halte das für fatal, denn Sie wissen genausogut wie ich, daß gerade im Bereich von Ämtern und Behörden nicht pro 25 Dienstnehmer eine behinderte Person eingestellt werden muß, sondern die Zahl diesfalls mit 40 festgesetzt ist. Und diese Zahl ist noch lange nicht erfüllt!

Es steht auch in diesem Programm, daß geschützte Werkstätten ausgebaut werden sollen, anstatt behinderte Menschen am Arbeitsmarkt zu integrieren. – Sie wissen, daß das nichts bringt, wenn es um die Integration behinderter Menschen geht! Sie müssen sich darüber klar werden, daß nur durch das selbstbestimmte Lebensrecht behinderter Menschen die Möglichkeit geschaffen wird, hohe Strukturkosten in diesem Zusammenhang zu senken, und zwar radikal, denn durch jedes einzelne Heim und jede einzelne geschützte Werkstätte, die Sie zusperren können, weil Menschen integriert sind, kann sehr, sehr viel Geld gespart werden. Und nicht nur das: Auf diese Weise wird behinderten Menschen die Möglichkeit geboten, wirklich human zu leben und unter sozialversicherungsrechtlicher Absicherung Dienstverhältnisse aufzunehmen.

Aber davon ist in Ihrem Budget überhaupt nicht die Rede. Ganz im Gegenteil: Auch 1999 wird der Nationalfonds, der bis 1996 mit 17 Millionen Schilling dotiert war, wieder nur mit einem einzigen Erinnerungsschilling fortgeschrieben. So werden Sie die Probleme im Behindertenbereich nicht lösen! Die Problematik wird – ganz im Gegenteil – noch viel mehr verschärft werden, und die Integration behinderter Menschen bleibt weiterhin auf der Strecke.

Herr Finanzminister! Ich ersuche Sie, sich diese Bereiche noch einmal anzuschauen und wirklich einmal durchdachte Lösungen im Behindertenbereich und im Zusammenhang mit der Behinderteneinstellung in Angriff zu nehmen. Es gäbe gute Ansätze und gute Möglichkeiten, mit dem vorhandenen Geld wirklich etwas Adäquates zu tun. Man muß es nur wollen! Daher ersuche ich Sie, das zu wollen und somit auch umzusetzen! Ich bitte Sie im Interesse der behinderten Menschen in Österreich, daß Sie 1999 zumindest einen Teil der Sparmaßnahmen, die jetzt drei Jahre lang die behinderten Menschen sehr, sehr stark betroffen haben, zurücknehmen.


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