Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 25

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Meine Damen und Herren! Was ich bei dieser Debatte besonders ins Licht rücken möchte, ist die Frage beziehungsweise Zwischenfrage des Kollegen Ofner, auf die Herr Kollege Schieder sehr elegant eingegangen ist (Abg. Dr.  Khol: Kollege Schieder ist immer elegant!), nämlich die Frage, wie denn die Praxis in einem konkreten Rechtsfall beziehungsweise Auslieferungsfall oder Verfolgungsfall, wie wir an dem aktuellen Beispiel in Italien sehen können, aussieht.

Meine Damen und Herren! Kollege Schieder hat sehr elegant die Kurve gekratzt und gesagt, daß an sich die Amerikaner völlige Offenheit gegenüber den Italienern zeigen und diese Statuten einhalten müßten, das sei allerdings eine Machtfrage. Weiters hat er in einer für mich sehr bemerkenswerten Stellungnahme im Zusammenhang mit der Supermacht USA, die ja noch immer die Todesstrafe hat, einen leichten Tonfall bekommen, der mir den Eindruck vermittelt hat, daß es sich dabei – um das einmal so vorsichtig zu formulieren – um sehr kritische Anmerkungen gegenüber dieser Supermacht handelt. Dabei sind Töne zutage getreten, die ich ansonsten von den Sozialdemokraten nicht so gewohnt bin, zumindest nicht öffentlich.

Meine Damen und Herren! Was hier offensichtlich an der Öffentlichkeit vorbeigeht, ist die Tatsache, daß wir dabei sind, in Verfolgungsfragen die nationale Souveränität aufzugeben. Wir begeben uns mit diesem Vertrag, der heute hier beschlossen wird, unter die Rechtshoheit der USA. Natürlich vertreten die Sozialdemokraten, die Grünen und, wie ich glaube, alle anderen Abgeordneten die Meinung, daß der Vorbehalt bezüglich der Todesstrafe ein Vorbehalt ist, der unbedingt durchgesetzt werden muß. Aber letztendlich, Herr Kollege Schieder, ist es eine Frage der Macht, die ein Land hat, um dies auch durchzusetzen. Ich erinnere an unzählige Fälle von Gerichtsbarkeit, bei denen die USA dann selbstverständlich Druck auf das jeweilige Land ausgeübt und die Auslieferung von fremden Staatsbürgern in ihr Land verlangt haben.

Wer garantiert uns, Herr Abgeordneter Schieder, daß, wenn österreichische Soldaten in den USA eine Übung machen – wie es ja bereits ohne gesetzliche Grundlage vorgekommen ist – und dort ein Fall von Rechtsverletzung, der in den USA eine Todesstrafe nach sich ziehen würde, passiert, daß es zu einer sofortigen Rückführung dieses österreichischen Staatsbürgers kommt, wenn die Meinung des Volkes und der öffentlichen Presse so gelagert ist, daß es nicht zu einer Auslieferung kommen soll? In solch einem Fall möchte ich mir die Haltung des Außenministers Schüssel oder jene des Bundespräsidenten Klestil ansehen, wenn sie bei der Madame Albright oder beim Herrn Bill Clinton antichambrieren, damit dieser Staatsbürger wieder nach Österreich kommt (Beifall bei den Grünen), wenn die Volksmeinung in diesem Land aufgehetzt ist, wenn schon die Vorverurteilung, wie es sehr oft in fast allen Ländern vorkommt, bereits akkordiert über die Bühne gegangen ist und die Presse den Kopf verlangt. (Abg. Schieder: Das gilt auch für Touristen, Diplomaten, Wirtschaftstreibende, Piloten oder Reporter! Dieser Gefahr setzt man sich in jedem Land aus!) Herr Abgeordneter Schieder! Sie haben schon recht. Es ist klar, daß im Falle, daß jemand nach den USA fährt und sich dort aufhält, das österreichisches Recht nicht zur Geltung kommt. Wir haben in unserem Strafgesetzbuch auch eindeutige Regelungen.

Meine Damen und Herren! Wer die Macht hat, erkennt man auch daran, wo wir unsere Verträge und unsere Vorbehalte anmelden. Diese werden nicht im NATO-Hauptquartier vorgebracht, sondern bei der Madame Albright oder bei der amerikanischen Regierung.

Ich habe am 1. Mai ein wunderbares Beispiel bekommen, wie österreichische Informationspolitik funktioniert und wie in diesem Land ein NATO-Beitritt vorbereitet wird. Das geschieht ohne ausführliche Diskussion über die Vor- und Nachteile. Ich habe zufällig davor einen ausländischen Sender gesehen, in dem darüber berichtet wurde, daß der amerikanische Senat einstimmig die NATO-Osterweiterung beschlossen hat. Der Nachrichtensprecher hat in einem Nachsatz angefügt, daß sich die amerikanische Rüstungsindustrie von der NATO-Osterweiterung Rüstungsaufträge in einem Ausmaß von zirka 400 Milliarden Schilling erwartet, dieser Wert entspricht zwei Dritteln des österreichischen Budgets. Herr Kollege Maitz, Sie schütteln den Kopf. Diese Meldung, von der APA übersetzt, in der Agence France Press vom 1. Mai gebracht, wurde in keiner österreichischen Zeitung kolportiert. Herr Abgeordneter Maitz! Die Art der Informationspolitik im ORF war lediglich, die einfache Meldung zu bringen, daß der amerikanische Senat einstimmig beschlossen – einstimmig beschlossen – hat (Abg. Jung: Nicht einstimmig!) – mit großer Mehr


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