Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 104

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

15.57

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! Dobar dan, gospodin Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich habe seit Dezember 1993, als ich selbstverständlich ungewollt mit dem Briefbombenterror in Österreich in Verbindung gekommen bin, mehr Kontakt mit österreichischen Sicherheitsbehörden gehabt, als ich mein gesamtes Leben je vorher gehabt habe und als ich hoffentlich jemals in meinem Leben wieder haben werde. (Zwischenruf des Abg. Dr. Löschnak. ) – Nein, aber, Herr ehemaliger Bundesminister, keine Bürgerin hat gerne Kontakt mit der Polizei (Abg. Leikam: Warum? Ich habe kein Problem mit der Polizei!), und zwar deshalb, weil man, wenn man mit der Polizei Kontakt hat, entweder von der Polizei verdächtigt wird oder weil man als möglicherweise Betroffene eines Vergehens oder Verbrechens Auskunft zu geben hat. – Ich sage das jetzt so untechnisch, weil ich es von meinem Gefühl her erkläre.

Ich hatte nicht gerne Kontakt mit den Herren der EBT und der Sonderkommission, aber nicht deshalb, weil ich die Herren nicht schätze – eine Dame ist mir nie untergekommen –, sondern weil das ganze Drumherum unangenehm für mich war. Mein Umfeld war jahrelang bestimmt und ist in gewisser Hinsicht immer noch bestimmt von Angst, von Unsicherheit und von Fragen: Was ist? Wann passiert wieder etwas? Wem passiert wieder etwas? Warum – das ist für mich auch bis heute eine wesentliche Frage – ich? Warum Mitglieder meines Freundeskreises, meiner Familie, die in Angst und Schrecken versetzt werden? Warum ich – das hat der Herr Bundesminister heute in seinen Äußerungen gesagt – als eine Person aus einem Kreis von Menschen, die sich – unter Betrachtung aller, die damit in Zusammenhang gekommen sind und gebracht wurden – auszeichnen durch ein bestimmtes – ich sage es jetzt einmal so – staatsbürgerliches und dann auch im engsten Sinne politisches Engagement?

Für mich ist diese Phase der Beunruhigung und der Unsicherheit, Herr Bundesminister, noch nicht zu Ende. Sie wird vielleicht dann zu Ende sein können, wenn der jetzt mutmaßliche Tatverdächtige rechtskräftig verurteilt ist. Und natürlich – das sage ich auch aus dem Bauch heraus – wäre mir am liebsten, er würde zugeben, er ist der Täter, dann könnten wir ihn als Täter bezeichnen, und er wäre nicht mehr nur der mutmaßliche Täter.

Das wäre ein Ergebnis, das sehr viel Unsicherheit und Angst wegnähme. Ich bin zwar auf der einen Seite über den Bericht, den Sie uns heute geliefert haben, erfreut, denn er beinhaltet auch Passagen, die aus Ihrer Sicht durchaus selbstkritisch sind, was die Ermittlungstätigkeiten, die Aufklärungsarbeit der Sicherheitsbehörden betrifft. Das war durchaus selbstkritisch. Ich habe selbst miterlebt, welche Fehler beziehungsweise Probleme es gegeben hat, und ich bin, weil ich es miterlebt habe, mit dem Ergebnis, das Sie jetzt mit dieser Vollanzeige liefern, insofern zufrieden, als jetzt eine bestimmte Art von Beunruhigung nicht mehr so gegeben ist wie vorher.

Herr Bundesminister! Was ich aber auf der anderen Seite sehr vermißt habe, was Ihnen noch freisteht nachzuholen, ist es, jene, die in der Debatte genau das getan haben, was sie schon jahrelang beziehungsweise seit Oktober letzten Jahres erst recht und besonders tun, nämlich von Spinnern zu sprechen, wie Frau Kollegin Partik-Pablé, die einen mutmaßlichen Täter mit der Bezeichnung "Spinner" abtut und daraus überhaupt keine Rückschlüsse zieht, aufzuklären. Das ist eigentlich das, was ich mir hier von Ihnen in Ihrer Erklärung erwartet hätte, und zwar auf diese Hintergründe, auf dieses Klima und auf diese Situation einzugehen, warum es zu einem Kriminalfall wie diesem, der Österreich jahrelang beschäftigt hat und noch immer beschäftigt, kommen konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn heute – von der Freiheitlichen Partei erwarte ich es auch gar nicht; ich bin schon so geläutert, daß ich weiß, daß von ihr keine sachlichen Beiträge zu erwarten sind – immer wieder davon gesprochen wird, daß es Menschen gibt, die sich zu entschuldigen hätten, dann wüßte ich schon jemanden, der sich wirklich zu entschuldigen hätte, nämlich der Parteiobmann der Freiheitlichen Partei, der, nachdem vier Menschen in Oberwart gestorben sind, ganz genau gewußt hat, daß das nichts mit Waffenschieberei oder mit


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite