Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 120. Sitzung / Seite 123

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

17.24

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Herr Kollege Edlinger! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Die Familiensteuerreform 1998 ist für die Familien in der Tat ein Grund zum Feiern, sie ist eine Sternstunde für Österreichs Familien, und daher möchte ich vor allem auf jene Dinge zu sprechen kommen, die in positiver Hinsicht erwähnenswert sind, auch wenn gerade von Ihrer Seite, Frau Kollegin Mertel, manches Wort der Kritik gekommen ist. (Zwischenruf der Abg. Dr. Mertel. )

Herr Kollege Öllinger! Wenn ich auf das von Ihnen skizzierte Familienbild und die Wertigkeit der Beziehungen eingehe, so muß ich sagen: Unsere Vorstellungen liegen in so mancher Hinsicht gar nicht weit auseinander. Es ist richtig, daß funktionierende Familien die beste Voraussetzung für Kinder sind, die nicht nur in Frieden, sondern auch so aufwachsen, daß sie mit den von Ihnen, Herr Abgeordneter, skizzierten Risiken wie Drogenmißbrauch und ähnlichem mit möglichst geringer Wahrscheinlichkeit konfrontiert werden. Ich meine, daß nicht so sehr die zur Verfügung stehende Zeit von Lehrern und Kindergärtnern im Vordergrund stehen sollte – auch das ist wichtig, das gebe ich zu –, sondern vielmehr die Zeit und die Intensität der Beziehungen, die Väter und Mütter für ihre Kinder aufbringen können.

Eine Familienpolitik, die dafür die Rahmenbedingungen gewährleistet und bereitstellt, ist mit Sicherheit eine gelungene und eine gute Familienpolitik. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Wäre!)

Sehr verehrter Herr Abgeordneter Öllinger! Daraus leitet sich unser christdemokratisches Familienbild sehr wohl ab. Es ist aus dieser Sicht das Wohl des Kindes eindeutig vorzuziehen, daß nämlich Kinder in der Obhut von Vater und Mutter aufwachsen können. Es sind andere Formen der Beziehungen und der Partnerschaften durchaus auch als Familien anzuerkennen. Ich stehe nicht an, allen Alleinerzieherinnen in Österreich meine Hochachtung auszusprechen. Es ist für die 300 000 Alleinerzieherinnen in Österreich nicht leicht, dieser Aufgabe gerecht zu werden und die Mehrfachbelastung, die da auf eine einzelne Person zukommt, zu tragen. Aber aus der Sicht des Kindeswohles ist es eindeutig ein Vorteil, wenn Vater und Mutter da sind, wenn beide Zeit für die Erziehung des Kindes haben. Aber ich meine, daß wir beide – abgesehen von der parlamentarischen Dialektik – in unserer Vorstellung hinsichtlich des Familienbildes nicht sehr weit auseinander liegen.

Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, zum Thema Familiensteuerreform: Es ist das größte Familienpaket der letzten Jahrzehnte, wahrscheinlich der Zweiten Republik. Es hat zwei Motive für die beiden Koalitionspartner, die Sozialdemokraten und uns, gegeben, dieses Familiensteuerreformpaket zu schnüren. Ein Motiv war zweifellos das Erkenntnis der Verfassungsrichter, der Auftrag, die entsprechenden Gesetzesstellen zu sanieren, der Auftrag, dafür zu sorgen, daß zumindest die Hälfte der Unterhaltsverpflichtungen von Eltern in unserem Land steuerfrei zu stellen ist. Aber es ist für uns auch die Tatsache, daß in Österreich laut jüngstem Sozialbericht der Sozialministerin Hostasch, publiziert in den ersten Jännertagen dieses Jahres, nicht weniger als 152 000 Kinder an oder unter der Armutsgrenze leben, nicht weniger ein Motiv dafür gewesen. Vor allem das Verhältnis zwischen an oder unter der Armutsgrenze lebenden Kindern und Personen, die im Erwerbsleben stehen, und Senioren ist bedenklich. Während 8 Prozent der Kinder von Armut betroffen sind, sind es 5 Prozent der im Erwerbsleben stehenden Österreicher und 2 Prozent der Senioren in diesem Lande, die an oder unter der Armutsgrenze leben. Das ist auf der einen Seite etwas sehr Erfreuliches für die Seniorenpolitik in diesem Land, insgesamt erfreulich, aber daß ausgerechnet die Gruppe der Kinder mit der größten Wahrscheinlichkeit an oder unter die Armutsgrenze rutscht, war natürlich für uns ein familienpolitischer Auftrag, etwas dagegen zu unternehmen, und deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, geht dieses Familiensteuerreformpaket weit darüber hinaus, was uns die Verfassungsrichter als unterste Latte gelegt haben. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Mertel. )

Frau Abgeordnete Mertel! Ich will in dieser Feierstunde, die sie aus meiner Sicht in Wirklichkeit ist, die Debatte zur Familiensteuerreform nicht dazu benützen, jetzt den langen Weg näher zu skizzieren – der Runde mit Herrn Finanzminister Edlinger, Frau Frauenministerin Prammer, Ihnen und unseren Verhandlern, Minister Fasslabend, Frau Abgeordneter Rauch-Kallat und


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite