Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 17

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Ihr Beitrag zu unserem Erfolg liegt offensichtlich in den Rahmenbedingungen der österreichischen Wirtschaft. Sie haben eine klassische Querschnittskompetenz. Sie haben wenig eigene Kompetenzen, wenn Sie die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens beeinflussen wollen, aber Sie haben sehr viel Querschnittskompetenz in Ihrer Aufgabe im Ministerrat, wo das Einstimmigkeitsprinzip herrscht. Also muß ich Ihren Erfolg oder Mißerfolg an der Lage der österreichischen Betriebswirtschaften messen. Herr Bundesminister! In einem Satz zusammengefaßt: Die österreichischen Unternehmen verdienen zuwenig, daher gibt es in Österreich zuwenig Unternehmen. Die Ertragslage oder die Gewinnsituation, mit Ausnahme einiger großer, sehr erfolgreicher Jumbos, ist in Österreich einfach zu niedrig. Ja wie wollen Sie denn eine Gründeroffensive machen, wie wollen Sie mehr Selbständige in diesem Land bekommen, wenn der durchschnittliche Unternehmer und Selbständige nicht einmal eine Eigenkapitalverzinsung, geschweige denn eine Risikokapitalprämie verdient?

Das sicherzustellen ist die Aufgabe des Wirtschaftsministers. Ich weiß schon, das können Sie nicht alleine, aber Sie sitzen schließlich in einem Kollegialorgan, das nur einstimmige Beschlüsse fassen kann, nämlich im Ministerrat, und Sie haben dort in den Vehandlungen, in 1 000 Gesprächen mit Ihren Ministerkollegen sicherzustellen, daß es sich wieder lohnt, in Österreich Selbständiger zu werden. Haben Sie einmal ganz konkret verglichen die sozialen Schutzbestimmungen, die steuerlichen Möglichkeiten und so weiter und so fort eines Angestellten, der 30 000 S oder 40 000 S brutto in gesicherter Position verdient, mit jenen eines Handwerksmeisters oder eines Selbständigen einer kleinen EDV-Firma? Herr Bundesminister! Wenn der den hohen Betrag von 500 000 S im Jahr Einkommen versteuert und Sie seine Arbeitsleistung nur umrechnen, was er alles zu bekommen hätte, wäre er Angestellter, kommt er auf einen Bruttostundenlohn von 150 S. Das ist der Punkt!

Die Sozialdemokraten haben am 1. Mai am Rathausplatz – Gott sei Dank, endlich einmal, ich glaube, das erste Mal in ihrer Geschichte – große Plakate aufgehängt: "Mehr Unternehmer braucht Wien". Vielen Dank dafür! Sie haben recht, mehr Unternehmer braucht Wien. Nur, mit diesen Rahmenbedingungen, die Sie den Selbständigen in diesem Land bieten, werden Sie nicht mehr Unternehmer bekommen. Ich glaube, das zu ändern, ist ein ganz wesentlicher Teil Ihrer Verantwortung als Wirtschaftsminister.

Die Gründe, warum wir in den Klein- und Mittelbetrieben so schlechte Ertragslagen haben – die Nationalbank weist uns das jedes Jahr mit ihren erstklassig geführten Branchenvergleichen nach –, liegen ohne Zweifel beim Umsatz. Wir haben heute eine Exportkonjunktur, EU-gestützt, aber wir haben einen schwachen privaten Konsum. Der schwache private Konsum hat vier Gründe. Er ist begründet in der Einkommensentwicklung, darauf weisen die Sozialdemokraten richtigerweise immer hin, er ist aber genauso begründet in den Sparpaketen dieser Bundesregierung, die die Differenz zwischen brutto und netto noch größer gemacht haben. Das heißt, die Arbeitskosten sind gestiegen, und die Nettolöhne der Menschen haben stagniert. Also hat der Staat einen noch größeren Kuchen der Arbeit für sich arrogiert. Das ist die falsche Politik, die Sie hier mit den Sparpaketen gemacht haben, weil sie zu einer geringeren Einkommensentwicklung geführt haben.

Wir haben fehlende Tourismusausgaben in Österreich. Herr Bundesminister! Die österreichische Tourismuswirtschaft ist erfolgreich, aber nicht in allen Teilen, nur maximal in einem Drittel. Die österreichische Tourismuswirtschaft hat alle Marktchancen der Welt, begrenzt durch die Rahmenbedingungen des Wirtschaftens in unserem Lande. Aber von 1992 bis heute haben wir real an die 50 Milliarden Schilling Kaufkraft unserer ausländischen Gäste verloren. Für den Finanzminister bedeutet dies einen Verlust von mindestens 5 Milliarden Schilling an Mehrwertsteuer. Das sind Milliardenbeträge an Umsatz, die auf diese Weise dem Handel, dem Gewerbe und den weiteren Multiplikatoren in der Tourismuswirtschaft verlorengehen.

Von einem Betrag von 1 000 S, den ein österreichischer Hotelier in Österreich investiert, bleiben 900 S in der Region, von 1 000 S, die er einkauft, bleiben 800 S bis 850 S in der Region. Wir haben es nicht verstanden, diesen größten Multiplikator, der auch regionalpolitisch das Geld bis in das entlegenste Tal bringt, in dem keine andere industrielle Wertschöpfung möglich wäre, weiter am Laufen zu halten.


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