Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 70

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Hingegen war der Rückgang – wenngleich auch das bedauerlich ist – im Schulbereich geringer. Dort beträgt der Rückgang pro Schülerin oder Schüler – unter Anführungszeichen – "nur" etwa 20 Prozent.

Wenn wir außerdem darin übereinstimmen, daß moderne Ausbildungen wahrscheinlich besonders intensive Betreuung brauchen und daß es nicht primär, nicht in allererster Linie um Gebäude und technische Ausstattungen geht – auch wenn diese nichtsdestoweniger wichtig sind –, sondern die Lehre steht und fällt mit der Intensität der Möglichkeiten persönlicher Betreuung, das heißt, auch mit den Möglichkeiten, in Kleingruppen zu arbeiten und Übungen oder Tutorien in überschaubarer Größe abzuwickeln –, dann ist festzustellen, daß Sie dies bei den sogenannten Massenstudien leider nicht haben.

Das bedauere ich angesichts der Erfolge, welche die Hochschulpolitik – vor allem nach den Intentionen der Sozialdemokratie – absolut gehabt hat. Die Öffnung der Hochschulen hat dazu geführt, daß es weit überproportional zur Vertretung, zur Teilnahme von jungen Menschen aus sozial schwachen Schichten gekommen ist. Selbstverständlich geht das nicht von einem Tag auf den anderen, aber die Tendenz war eindeutig erkennbar. (Abg. Dr. Lukesch: Aber ja!) Daß heißt, die permanenten Verunsicherungen, die jetzt in Richtung Studiengebühren oder Kreditfinanzierung entstehen, sind der Intention der Öffnung der Hochschulen, der Investition Bildung und vor allem der Frauengleichstellung – der Gleichstellung weiblicher Studierender an den Hochschulen – abträglich. Das zum einen.

Zum anderen: Es ist eine nach wie vor intensive Debatte über Autonomie und Kontrolle im Gange. Ich habe ein bißchen den Eindruck, daß man zwar einen halben Schritt in Richtung Autonomie gemacht hat und diesen mit der Implementierung des UOG 1993 weiterführt, aber das ist eben nur ein halber Schritt. Die Frage jedoch, wieviel Kontrolle durch das Ministerium, also durch die Zentralinstanz, erfolgen soll und in welchen Bereichen sie vorgenommen wird, und wie hingegen die Autonomie ausgeübt werden soll, ist nach wie vor offen. Ich denke, daß der jetzt gewählte Weg, die jetzt gewählte Abgrenzung nicht ideal ist.

Herr Bundesminister! Zum einen höre ich, und zwar von mehr als nur einer Universität in Österreich, massive Klagen, daß Briefe, Anfragen oder Anträge, die an das Ressort gerichtet werden, teilweise gar nicht und teilweise nach überlangen Zeiträumen beantwortet werden. Wenn dies dazu führt, daß zum Beispiel Posten nicht mit hochqualifizierten Menschen, die mehrere Angebote haben, besetzt werden können, dann gereicht es meiner Ansicht nach insgesamt zum Nachteil der Wissenschaft in Österreich. Das ist an der Universität Linz – im Bereich der Leitung der Bibliothek – und auch in anderen Bereichen so geschehen.

Ich höre ferner, daß Autonomie – diese bedeutet sicherlich auch volle Verantwortung und volle Rechenschaft, das ist klar – so verstanden wird, daß etwa bei Berufungsverhandlungen nur Gehaltsstufe I angeboten werden kann. Daß offenzulegen ist, warum man wem was anbietet, und daß jemand nicht auf einmal das X-fache des Einkommens an einer vorhergehenden Stelle verdienen kann, ist klar, und daß dafür die Universitätsgremien voll rechenschaftspflichtig sind, ist ebenfalls keine Frage. Aber wenn den Verhandlern ein ökonomisch unrealistisches Maß mitgegeben wird, sodaß dann, und zwar auf Umwegen, doch wieder das Ministerium eingreifen muß, dann sage ich: Lassen wir es gleich im Ministerium! Entweder – oder: entweder Autonomie oder Entscheidung im Ressort! Beides hat Vor- und Nachteile, aber wenn man sich schon für die Autonomie entschieden hat, dann soll man sie auch weiterführen.

Detto bei der Flexibilität, was die Budgetansätze betrifft. Es wäre an sich schon im Gesetz, daß zumindest um 10 Prozent pro Jahr zwischen den Ansätzen geshiftet werden kann. De facto findet das aber nicht statt oder wurde jedenfalls die dafür wahrscheinlich erforderliche Verordnung nicht erlassen. Herr Bundesminister! Warum nicht? – Ohne Zweifel: volle Rechenschaftspflicht, volle Verantwortung, aber dann muß es auch heißen: autonome Entscheidungen, mit einer Beteiligung aller an der Universität Tätigen: der Studierenden, des Mittelbaus und der Professorinnen und Professoren. Ich würde Sie um ein klares Statement darüber ersuchen, wie Sie es mit der Autonomie halten.


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