Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 122. Sitzung / Seite 72

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wieder: die Lebensqualität (Abg. Mag. Posch: Mozartkugeln!)  – vielleicht auch die Mozartkugeln – und die Umweltbranchen, die, wie wir wissen, eine sehr hohe Arbeitsplatzintensität und ein sehr innovatives Potential haben.

Das führt aber auch – insofern gibt es gewisse Anlehnungen an Mozart – zum Kunst- und Kulturbereich. Dessen Arbeitsplatzrelevanz ist jedenfalls – soweit mir das bekannt ist, ich habe das zuletzt recherchiert – in den letzten zehn Jahren nicht mehr untersucht worden. Es gibt eine Studie von Professor Scheuch von der Wirtschaftsuniversität – diese ist, wie gesagt, zehn Jahre alt – über die Copyrights-Industries. Seither wissen wir nicht, was wir in Österreich im Bereich der Musikindustrie, im Bereich der Filmindustrie verlieren, aber der Verlust scheint massiv zu sein. Diese haben dann wieder im Gefolge eine sehr hohe Investitionsintensität – das wissen wir aus Amerika, das wissen wir aber auch aus Schweden und anderen Staaten –, auch etwa in der Mikroelektronik. Wenn zum Beispiel Sony nach Salzburg gegangen ist, dann auch deswegen, weil sie sicherlich mit dem Produkt, das sie dort erzeugen, das Image Österreich mitverkaufen.

Ich denke, wir dürfen nicht in Kauf nehmen, daß die Copyrights-Industries Musik "made in Austria", Filme "made in Austria" sozusagen austrocknen. (Abg. Dr. Fekter: Gibt es nicht!) Die gesamte österreichische Filmförderung hat ein Budget in Höhe von 120 Millionen Schilling pro Jahr. Soviel kostet ein Mittelklassefilm; da rede ich gar nicht von "Titanic" und ähnlichem, das wollen wir auch gar nicht mit unserer Filmförderung. Aber das sind Arbeitsplätze, und das ist ein Motor, das ist eine Lokomotive. Ich bitte Sie dringend, einen Anlauf zu nehmen, damit wir zumindest wieder eine aktuelle Situation der Branche wissenschaftlich evaluiert bekommen.

Das heißt, wir müssen bei der Frage Technologieförderung gleichzeitig auch die Frage aufwerfen, unter welchen Bedingungen, unter welchen Rahmenbedingungen dann auch technologische Investitionen wahrscheinlich werden. Da gibt es den technologischen Bereich im engeren Sinn – Technologie wird als solche, als Produkt verkauft –, und es gibt denjenigen, der von einer anderen Branche – das wird in Österreich sehr stark der Kunst- und Kulturbetrieb sein – mitgezogen wird.

Ein allerletztes, das damit zusammenhängt: Sowohl im Bereich der Wissenschaft und Forschung als auch im Bereich der Kunst- und Kultur gibt es immer mehr Menschen – vor allem junge Menschen –, die nicht mehr diesen durchgehenden Erwerbsverlauf in einem ziemlich sicheren Job haben, wie das vielleicht noch unsere Eltern oder Großeltern hatten. Es gibt immer mehr junge Menschen, die – so heißt es – "projektorientiert" arbeiten und dann zwischen den Projekten Lücken haben, Phasen, in denen gerade ein Projekt ausläuft und vielleicht noch kein neues in Sicht ist.

Nun glaube ich, daß es zum einen auch ein persönliches Bedürfnis, vor allem bei jungen Menschen, gibt, so zu arbeiten, flexibel zu sein, sehr viel Neues kennenzulernen, nur – und das ist der Pferdefuß daran – haben unsere Systeme der sozialen Sicherheit damit nicht Schritt gehalten. Die Systeme der sozialen Sicherheit werden – im Gegenteil! – immer stärker von einem möglichst ununterbrochenen, möglichst ohne Knick verlaufenden Beschäftigungsverhältnis abhängig gemacht. Das trifft und hat schon immer die Frauen aufgrund der häufig wahrzunehmenden familiären Verpflichtungen getroffen. Das trifft aber mittlerweile eine ganze Generation von jungen Menschen, gerade in diesen besonders dynamischen Sektoren der Wissenschaft, der Forschung, der Kunst und Kultur.

Die Frage ist schwer zu lösen. Ein Ansatz dafür, den etwa unser Sozialsprecher Karl Öllinger immer wieder vorschlägt, ist das Einziehen von Mindestsockeln in Systemen und das Dehnen der Zeiträume, die überbrückt werden können, wobei dann die Zahlungen natürlich in irgendeiner Form auszugleichen sind. Aber dieser Frage muß man sich stellen. Ich glaube, dieses Problem hat eine Dimension erreicht, daß es hoch an der Zeit wäre, eine Enquete der Bundesregierung und des Parlaments abzuhalten, sodaß wir beginnen können, einerseits das soziale System für alle zu sichern, aber gerade auch diese Generation der jungen Leute einzubeziehen. Denn anders wird es auch nicht möglich sein, ihre Solidarität, die wir brauchen, die auch die älteren Menschen brauchen, sicherzustellen.


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