Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 96

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sind die Folge, und machen die Netzschaltung zu einem makabren Abenteuer mit ungewissem Ausgang.

Die neuerliche Arbeit der Expertenkommission – deren Qualifikation freilich über jeden Zweifel erhaben ist – diente der Politik als Alibimaßnahme, und nicht als Begleitung für politische Aktivitäten im Sinne der ablehnenden Position zu Mochovce. Hätte Österreich in den letzten drei Jahren konsequent an seiner Politik festgehalten, mit der Slowakischen Republik und auf EU-Ebene über Ausstiegskonzepte und Finanzierungsinstrumente verhandelt – das Ergebnis hätte jedenfalls kein schlechteres sein können als das nunmehr bekannte mit der unmittelbar bevorstehenden Aktivierung und einem angespannten bilateralen Gesprächsklima mit der Slowakei.

Machbare Alternativen, vom Gas-Dampf-Kraftwerk bis zur Nutzung des Kraft-Wärme-Potentials waren laut bilateral ausgearbeiteten Studien bekannt, zeitlich wäre eine Realisierung innerhalb der vergangenen drei Jahre möglich gewesen. Das Investitionsvolumen wäre jedenfalls unter den Fertigstellungskosten gelegen. Etwa 2,5 Milliarden Schilling würde eine Substitution durch ein Gas-Dampfkraftwerk erfordern, wie eine vergleichbare Referenzanlage in Bratislava zeigt. Eine vernachlässigbare Größe, bedenkt man, daß beispielsweise das österreichische NATO-Panzerpaket rund 11,5 Milliarden Schilling umfaßt, oder etwa der EU-Euratom-Fonds ein Kreditvolumen von 50 Milliarden Schilling beinhaltet.

Österreich hat sich mit seiner Argumentation, bei Erfüllung bestimmter Maßnahmen werde Mochovce akzeptiert, zumal damit angeblich auch Bohunice abgeschaltet werden solle, in eine strategische Sackgasse manövriert, entscheidenden Verhandlungsspielraum und damit den Kern seiner früheren Anti-Atompolitik freiwillig entsorgt. Erst die gestrige Aussage des Sprechers des slowakischen Außenministeriums in der ,ZiB 2‘ war bezeichnend. Es gebe zwar eine anderslautende Abmachung, aber Bohunice werde aufgrund der Millioneninvestitionen für Restrukturierungsmaßnahmen noch einige Jahre in Betrieb bleiben. Auch diese Information liegt seit Jahren – trotz teilweiser Dementis aus der Slowakei – vor.

Doch auch Widerstand gegen die nunmehrige Form der Fertigstellungsfinanzierung wäre jenseits der bilateralen Ebene möglich gewesen. Immerhin werden die Lieferungen des deutsch-französischen Mochovce-Konsortiums durch staatliche Kreditgarantien in Höhe dreistelliger Millionenbeträge besichert. Österreich hat nicht einmal einen kleinen Bruchteil der Aktivitäten, die gegen die Vergabe des EBRD/EIB-Kredites gesetzt wurden, gegenüber Deutschland und/oder Frankreich angewandt.

Ungeachtet der Versäumnisse der letzten Jahre und der Aufgabe der ablehnenden Haltung Österreichs, die noch vor wenigen Jahren als unverrückbar galt – und ein offensives Auftreten bei gleichzeitigem Verhandlungsspielraum ermöglichte –, sind auch kurzfristig noch nicht alle Möglichkeiten gegen die Aktivierung der Brennelemente beziehungsweise die Inbetriebnahme des Reaktors ausgeschöpft.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Anfrage:

1. Haben Sie seit Bekanntwerden des Termines zur Aktivierung der Brennelemente von Block I des KKW Mochovce bereits direkten Kontakt mit den Staats- und Regierungschefs Frankreichs und Deutschlands aufgenommen, um die ablehnende österreichische Position zur Inbetriebnahme des KKW Mochovce und den Protest gegen die Beteiligung beider Länder an der Fertigstellung des KKW Mochovce (in Form staatlicher Kreditgarantien) zum Ausdruck zu bringen?

2. Haben Sie persönlich gegenüber den Staats- und Regierungschefs dieser beiden Länder um Kooperation ersucht, um mit der Slowakei über eine Nachdenkpause in Sachen Mochovce zu verhandeln, binnen der auf multilateraler Ebene Machbarkeit und Finanzierung eines nichtnuklearen Ersatzes für das KKW geprüft werden könnten?


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