Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 108

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Herr Bundeskanzler! Es gibt eine einzige Sicherheit im Zusammenhang mit Kernkraftwerken, und diese lautet: Wenn etwas passiert, wenn auf Transporten verstrahlte Behälter auftreten, dann wird mit absoluter Sicherheit vertuscht, verschwiegen, verheimlicht und dementiert! Den Beweis dafür bekommen Sie in diesen Tagen geliefert, und zwar nicht aus der Slowakei, sondern aus Deutschland.

Die ersten Ansprechpartner, welche die Lücke gefüllt haben, die nach dem Ausstieg der EBRD aufgetreten ist, waren die großen Firmen aus Deutschland und Frankreich. In aller Form, Herr Bundeskanzler: Gegenüber der deutschen Regierung, gegenüber der französischen Regierung, auch gegenüber den Firmen, die beteiligt sind, nämlich Siemens und Framatome, ist nicht mit derselben Deutlichkeit vorgegangen worden! Ich vermisse auch, daß man dazu den deutschen und den französischen Botschafter ins Kanzleramt zitiert hätte.

Meine Damen und Herren! Es ist die falsche Linie, und es ist – jedenfalls für sich allein genommen – der falsche Ansprechpartner, vor allem angesichts der Tatsache, daß jene Gelder, die einen Ausstieg leicht möglich machen würden, im Rahmen der EU verwaltet werden. 50 Milliarden Schilling liegen im EURATOM-Fonds für sogenannte Sicherheitsinvestitionen bereit. Das heißt, es geht um keine Investitionen, die der Bevölkerung in der Slowakei, in Tschechien oder in Slowenien dienen, sondern um Investitionen, die Siemens und Framatome dienen werden, Geld, das in die falsche Richtung geht. Ich denke, in dieser Hinsicht müßte Österreich mit viel mehr Nachdruck verhandeln, daß diese Gelder dafür verwendet werden, zumindest jene AKW abzuschalten, bei denen wir noch vor einiger Zeit absolut übereingestimmt haben, daß sie nicht sicher gemacht werden können. Das ist der einzige Weg, sie sicher zu machen – oder aber ein Kraftwerk wie Mochovce nicht in Betrieb zu nehmen. Dann wäre es sicher.

Herr Bundeskanzler! Das Geld dafür ist da, es ist im Rahmen der Europäischen Union vorhanden. Es muß nur dafür verwendet werden, etwa ein Gasdampfkraftwerk zu errichten und damit der Bevölkerung dieselbe Energiemenge zur Verfügung zu stellen, wie sie aus Mochovce gewonnen werden könnte. Es sind dann eben andere Firmen, die daran verdienen, und diese machen vielleicht ein weniger geschicktes Lobbying bei ihren Regierungen. Es würde sehr viel politischen Mut erfordern, sich dabei einmal mit ökonomisch sehr mächtigen Partnern und auch mit den großen Regierungen in Europa deutlich anzulegen. Es würde aber die österreichische Glaubwürdigkeit in den Reformstaaten, die um eine EU-Erweiterung bemüht sind, wesentlich erhöhen.

Überhaupt denke ich, daß ein wesentlicher Zusammenhang mit der EU-Erweiterung besteht. Hätte Österreich gegenüber Reformstaaten wie der Slowakei unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß wir sie unterstützen – wir sind ihre Botschafter in Brüssel, wir haben Interesse daran, daß kein neuer Eiserner Vorhang entsteht, wir wollen wirtschaftliche, soziale und kulturelle Kooperation, wir sind auch bereit, um Mittel zu kämpfen, die eine wirtschaftliche Erneuerung in den Staaten sowie ein Gleichziehen im sozialen Niveau rasch möglich machen –, dann fänden wir auch ganz anderes Gehör, wenn wir sagen, daß auch wir unsere Prioritäten haben und dafür um Verständnis ersuchen. Aber mit dieser Unmißverständlichkeit ist das seitens der Gewerkschaften und seitens der Regierung hier eigentlich nie vorgebracht worden, sondern da will man eher ein bißchen abwehren und ein bißchen nicht mitnaschen lassen. Daher ist die Reaktion seitens der Slowakei keine ganz unverständliche.

Vorrangiges Ziel ist es daher, nicht nur die Slowakei an den Verhandlungstisch zu holen – und zwar unter dem Titel des Ausstiegs und nicht der Sicherheitsinvestitionen –, sondern das Ziel besteht darin, gegenüber Deutschland, Frankreich und der EU unmißverständlich klarzumachen, daß wir Österreicherinnen und Österreicher eine europäische Finanzierung für den Ausstieg verlangen, nicht aber für einen immer tieferen Einstieg.

Herr Bundeskanzler! Sie können auch in Österreich uns und der Bevölkerung nicht klarmachen, daß hier die Mittel nicht vorhanden wären, um die Slowakei in den sicherlich auch vorhandenen Bemühungen, zu stärker ökologisch orientierten Energiekonzepten zu kommen, tatkräftiger zu unterstützen.


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