Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Tschechischen Republik erkennen. Auch kann die Sicherheitsfrage nicht nur an einem einzigen Kriterium gemessen werden. Für die Tschechische Republik gilt ebenso wie für die Slowakische Republik und für alle anderen Nachbarstaaten, daß wir an der Ablehnung der energetischen Nutzung der Kernenergie festhalten und daß wir in unseren Beziehungen mit den Reformstaaten unsere energiewirtschaftlichen Bemühungen auch in Zukunft in diesem Sinne fortsetzen werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie: Nützen wir die heutige Stunde – da gleichzeitig in der Slowakei die Regierung tagt, um zu entscheiden, ob eine Aktivierung der Brennstäbe vorgenommen werden soll oder nicht –, um einen gemeinsamen, geschlossenen, starken Appell Österreichs an die slowakische Bevölkerung und die slowakische Regierung zu richten, diese Aktivierung nicht vorzunehmen, solange die Sicherheit dieses Kraftwerkes für die Menschen in diesem Raume nicht gewährleistet ist. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundeskanzler für die Anfragebeantwortung und für die klaren Worte in Richtung eines Nachbarstaates.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Die Redezeiten sind bekannt: Sie betragen pro Klub maximal 25 Minuten und pro Redner maximal 10 Minuten.

Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

15.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler, weil es so etwas wie nukleare Sicherheit nicht gibt – und nie geben wird –, haben wir in Österreich aus guten Gründen ein Atomsperrgesetz. Alle Risken, die – ich erinnere mich noch gut daran – im Rahmen der Zwentendorf-Debatte in Österreich von den KritikerInnen der Kernkraft vorgebracht und damals als "Panikmache" verteufelt wurden, sind eingetreten: vom Super-GAU in Tschernobyl über den verbrecherischen Plutoniumhandel bis hin zu den Verschweigungs- und Vertuschungsstrategien, wie wir sie zuletzt im Zusammenhang mit den Castor-Transporten in Deutschland wieder erfahren mußten. Regierungen, die auf nukleare Sicherheit setzen, werden in ihrer Politik selbst unglaubwürdig, denn nukleare Sicherheit gibt es nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, daß wir heute diese Grundsatzdebatte hier führen können, und ich halte es durchaus für möglich, zu einer gemeinsamen, starken österreichischen Vorgangsweise zu kommen. Ich ersuche Sie aber auch, Herr Bundeskanzler, unsere Grundsatzargumente etwas ernster zu nehmen. (Bundeskanzler Mag. Klima: Das weiß ich ja auch!)

Herr Bundeskanzler! Es ist aber – wie meine Kollegin Gabriela Moser gesagt hat – tatsächlich nicht eine Nuance zwischen Ausstiegskonzepten und Sicherheitskonzepten, sondern diese sogenannten Konzepte einer nuklearen Sicherheit sind das Gegenteil von Ausstiegskonzepten. Wer auf Konzepte der Sicherheitsinvestitionen setzt, verschafft Firmen wie Siemens und Framatome Einnahmen in Milliardenhöhe und verhindert einen raschen und wirkungsvollen Ausstieg. Auch Sicherheitsinvestitionen sind Investitionen in die Kernkraft, und sie sind falsch! (Beifall bei den Grünen.)

Ein zweites, Herr Bundeskanzler: Sie haben immer wieder betont, jeden nur erdenklichen Schritt gegenüber der Slowakei versucht zu haben. Das halte ich für eine Tatsache. Sie haben appelliert, Sie haben den Botschafter zitiert, Sie führen Gespräche auf Regierungsebene, aber – und das ist unser zweiter massiver Kritikpunkt, Herr Bundeskanzler! – die Slowakei, jedenfalls die Slowakei allein, ist der falsche Partner. Das muß in diesem Zusammenhang möglicherweise doch als eine gewisse Arroganz eines reicheren Staates gedeutet werden, eines Staates, der dem Kreis der EU-Staaten angehört und in diesem Fall gute Ratschläge erteilt, der sich aber schon etwas zögernder verhält, wenn es darum geht, Geld bereitzustellen, und der vor allem dort nicht mit demselben Nachdruck auftritt, wo diejenigen sitzen, die diese sogenannten Sicherheitsinvestitionen erst möglich machen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite