Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 152

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19.03

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Kollege Sauer hat schon recht, wenn er sagt, daß unseren Soldaten für die Leistungen, die sie erbringen, höchster Dank und höchste Anerkennung gebührt. Aber diese Leistungen erbringen sie nicht wegen der Rahmenbedingungen, die die Bundesregierung für sie schafft, sondern trotz der Rahmenbedingungen, die sie im Bereich der Landesverteidigung vorfinden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben ja heute den Probelauf des neuen Wehrsprechers der ÖVP erlebt. Lieber Freund Kummerer, ich denke ... (Rufe bei der ÖVP: Murauer!) Murauer. Entschuldigung, ich muß mich erst an den Namen gewöhnen, nachdem sich Kollege Maitz anscheinend auf eine neue Karriere vorbereitet. (Abg. Dr. Maitz: Was würden Sie mir denn empfehlen!) Kollege Murauer, ich würde dir raten, geh öfter in die Kasernen hinaus, schau sie dir an, dann kannst du nicht so eine weltfremde Rede halten, denn in den Kasernen schaut es tatsächlich ganz anders aus, als du es in deiner Rede dargestellt hast. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kollege Gaál hat gesagt, die Koalition hätte nie die Absicht gehabt, die Milizverbände in irgendeiner Form in ihren Leistungen zu schmälern. Doch mir fiel ein Schreiben von Dr. Schaffer, Oberst des Intendanzdienstes, Präsident der Milizverbände, in die Hand, der da schreibt: "In diesem Zusammenhang muß festgestellt werden, daß seitens des Verteidigungsressorts seit Jahren alles unternommen wird, um das Milizprinzip rechtlich, finanziell, faktisch und wehrpolitisch zu liquidieren." – Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich kann mir daher nicht vorstellen, daß gerade Kollege Gaál sagt, wir wollen der Miliz nichts anhaben, wir wollen die Miliz stärken anstatt schwächen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Kapitel Landesverteidigung ist seit Jahren eines der traurigsten in den Budgetverhandlungen. Die Versuche, den Auftrag des Bundesheeres und damit die notwendigen personellen und materiellen Ausrüstungen den finanziellen Ressourcen anzupassen, sind in der Zwischenzeit geradezu grotesk geworden. Wir wurden ohnehin nie ganz ernst genommen, was die Verteidigung unseres Staatsgebiets im Rahmen der bewaffneten Neutralität betrifft, inzwischen haben wir aber, fürchte ich, den Anspruch, ernst genommen zu werden, wirklich gänzlich verloren. Der Zerfallsprozeß von Gerät und der Verfallsprozeß an den Gebäuden sind unübersehbar.

Einige Zahlen, ein paar Relationen, die ich vortragen möchte, müßten eigentlich alle Alarmglocken läuten lassen, weil eben die Relationen der Zahlen nicht mehr stimmen können. Wenn im Ministerium 1 450 Planposten ausgewiesen sind und wir insgesamt etwa 35 000 Leute bei der Truppe haben, so ist das eine Relation von 1 :  24. Ein Soldat im Ministerium steht 24 Soldaten draußen bei den Einheiten gegenüber.

Oder: Wenn wir – mein Lieblingsthema – aufgrund einer Anfragebeantwortung des Wirtschaftsministers erfahren, daß 1 500 Beamten der Bundesgebäudeverwaltung etwa diesen 35 000 Soldaten gegenüberstehen, dann haben wir da überhaupt eine Relation von 1 : 23, also 23 Soldaten steht ein Beamter der Bundesgebäudeverwaltung gegenüber.

Oder schauen wir uns die Militärmusik an. Wir haben in Österreich etwa 500 Militärmusiker. Wenn wir die Zahl der Grundwehrdiener damit vergleichen, dann haben wir da eine Relation von 1 : 20, also auf 20 Soldaten kommt ein Musiker.

Ich meine, daß diese Relationen einfach nicht mehr stimmen, und ich denke, daß hier, wie Kollege Ofner schon gesagt hat, die "Indianer" fehlen. Die Relationen stimmen nicht mehr. Die Organisation entspricht nicht mehr einer Pyramide, die Organisation stimmt nicht mehr.

Oder zum Fuhrpark: Wenn man in die Hallen hineinschaut, so sind diese Hallen leer. Jetzt hat man gesagt: Machen wir eine Pool-Bildung, also alle Fahrzeuge gehören allen Einheiten gemeinsam. Dadurch fühlt sich aber niemand mehr verantwortlich, niemand fühlt sich zuständig. Der Wartungs- und Pflegezustand ist denkbar schlecht.

Es wäre noch vieles zu sagen – die Zeit ist leider davongelaufen – zum Zustand im Unteroffizierskader, zu dem Problem der Überalterung des Unteroffizierskaders, dessen Angehörige


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