Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 159

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

und sagen würdest, welchen Aggressor du eigentlich meinst. (Abg. Scheibner: Dazu gibt es genügend Studien!) Ich sehe nämlich keinen potentiellen Aggressor vor Österreich stehen. (Abg. Scheibner: Deshalb ist er ja potentiell, Herr Kollege!)

Unsere Bedrohungssituation ist eine andere – auch das ist heute schon mehrmals angeklungen –: Es ist die Bedrohungssituation der Migration (Abg. Scheibner: Du bist ein Milizsoldat!), des Schlepperwesens und der organisierten Kriminalität. Und diese Bedrohungsszenarien sind eben hauptsächlich im Innenressort angesiedelt und im Innenressort zu behandeln. Daher ist es durchaus verständlich, daß von einer Milliarde Schilling 900 Millionen in das Innenressort gehen, weil dort ein höherer Bedarf ist.

Ich glaube, wir sollten uns überhaupt von diesem Kästchendenken, zu dem eine Budgetdebatte natürlich verleitet, weil wir das Budget kapitelweise abhandeln, verabschieden (Abg. Dr. Ofner: Es sind die falschen Kästchen!) und zu einer größeren Sichtweite kommen – nicht nur in Österreich, sondern auch global. Es ist ja so einfach, die berühmten Kästchen zu zeichnen, das NATO-Kästchen, das andere Kästchen über die Russische Föderation, und das dritte Kästchen über Südostasien, wie es Kollege Maitz auch so gerne macht, der mit diesen Schaubildern durch die Republik zieht. Nur, so einfach ist das Leben nicht. Diese Grenzen verwischen sich.

Verwundert hat mich Kollege Spindelegger, der in der Europäischen Union überhaupt keine Lösungsansätze sieht, um zu einem Europa zu kommen. Herr Kollege Spindelegger! GASP: kein Begriff? Petersberg: kein Begriff? Amsterdam: kein Begriff? Hierin sind diese Ansätze sehr wohl enthalten. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Rede erwähnt, daß die Amerikaner notwendig sind. Kein Frage, die Amerikaner in der NATO sind notwendig. Die Amerikaner in der NATO-Neu werden notwendig sein. Aber ich bitte schon, auch ein bißchen in die Geschichte zu blicken: Es ist noch nicht so lange her, ich glaube, es war Präsident Reagan, der angeregt und auch betrieben hat, daß sich Amerika von dieser Aufgabe als Weltsicherheitspolizist zurückziehen und auf amerikanische Interessen beschränken soll. Ich erinnere daran, daß Frankreich aus der NATO ausgetreten und seine eigenen Wege gegangen ist. Auch heute, glaube ich, ist es durchaus wert, darüber nachzudenken, wie sich dieses Europa vielleicht auch ohne Amerika verteidigt.

Warum ohne Amerika? Es gibt bekanntlich einen amerikanischen Wirtschaftsblock. Im Gegensatz zu diesem amerikanischen Wirtschaftsblock haben wir den europäischen geschaffen, die Europäische Union. Diese Wirtschaftsblöcke konkurrieren miteinander, keine Frage. Trotzdem legen wir über diese konkurrierenden Wirtschaftsblöcke mit Muß als einziges Ziel, das wir uns vorstellen können beziehungsweise das die ÖVP sich vorstellen kann, eine gemeinsame militärische Spange. Das ist noch zu überdenken. Das wird in den nächsten Monaten, in den nächsten Jahren Diskussionsbasis sein und vom Volk entschieden werden müssen.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist auch heute noch durchaus notwendig und durchaus gut, über eine aktive Außenpolitik auf Basis der Neutralität zu verhandeln und diese zu betreiben. Ich bitte meinen Koalitionspartner intensiv: Bleibt hier im Rahmen der Verfassung, der Verfassungsgesetze! Es hat keinen Sinn, wenn der Außenminister, der Verteidigungsminister, der Klubobmann, mit ihm Spindelegger, Maitz und Murauer, sich von der Neutralität verabschieden und diese aktive Außenpolitik nicht mehr machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Die SPÖ hat auch keine aktive Außenpolitik!)

Meine Damen und Herren! Zum Schluß noch ein Wort. Ein Ausdruck ist meiner Ansicht nach bei dieser heutigen Debatte viel zuwenig gefallen: Wir haben so oft gehört: "das Heer", wir haben sehr selten gehört: "unser Heer". Unser Heer hat sich mehr Selbstbewußtsein durch die gewählten Volksvertreter verdient. Unser Heer ist durchaus in der Lage, die Anforderungen zu erfüllen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch einmal Herr Bundesminister Fasslabend zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite