Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 171

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20.29

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine Vorrednerinnen und -redner haben dieses Budgetkapitel zum Anlaß genommen, auch einige grundsätzliche Überlegungen zur Sicherheitspolitik anzubringen. Ich will mich dem anschließen, werde inhaltlich aber in einigen Punkten von den Ausführungen der Vorredner – und vor allem einer Vorrednerin – abweichen.

Ich werde nicht müde werden, als Grüne jeder Sicherheitsdebatte folgende Überlegung voranzuschicken: Die Frage der inneren Sicherheit und insbesondere des Einsatzes der Exekutive kann nicht von den anderen Teilen des Budgets losgelöst gesehen werden. Und sosehr die Vorrednerin und die Vorredner ihrer Freude Ausdruck gegeben haben, daß das Budget für innere Sicherheit eine Steigerung erfährt, so sehr bedauere ich das, denn ich sehe das als Kehrseite der Medaille, daß nämlich im Bereich der sozialen Sicherheit ein Einbruch im Budget zu verzeichnen ist.

Zur Frage der ökologischen Sicherheit haben wir zum Thema Mochovce heute schon eine eingehende Debatte geführt. Herr Bundesminister! Ich glaube, Sie werden die Auffassung teilen, daß jede Exekutive der Welt, wenn gewisse ökologische Sicherheitsfragen unbefriedigend gelöst werden, überfordert sein wird, wenn sich ein solcher Risikofaktor – es möge nie passieren! – plötzlich aktualisiert.

Auch im Bereich der sozialen Sicherheit verhält es sich so: Wenn jetzt bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik und bei der Betreuung sogenannter Randgruppen – und bald werden es keine solchen mehr sein – eingespart wird, dann wird irgendwann einmal wieder der Ruf nach mehr Exekutive laut werden, und zwar in einem Bereich, in dem sie überfordert ist und die Probleme nicht lösen kann, weil sie ja die Ursachen nicht beseitigen kann. Das heißt: Es soll beileibe keine Bagatellisierung der Kriminalität – auch nicht jener im Zusammenhang mit Suchtgifthandel und Suchtgiftmißbrauch stehenden – geben. Aber wenn hier bloß der Ruf nach der Exekutive stärker wird, dann werden sich Probleme ergeben, die schlicht und einfach unlösbar sind. Daher fordern wir Grüne eine Ausweitung des Sicherheitsbegriffes, eine Forcierung der Prävention, eine verstärkte Bekämpfung von Armut und auch eine verstärkte Abwendung ökologischer Gefahren.

Zweite grundsätzliche Vorbemerkung: Die Grünen unterstützen und befürworten das staatliche Gewaltmonopol, wenn bestimmte Spielregeln beachtet werden. Das bedeutet meiner Auffassung nach, daß es eine sehr, sehr saubere Abgrenzung zwischen dem Bereich der militärischen Sicherheit – soweit diese in Form von nationalen Armeen überhaupt besteht – und dem Bereich der Menschen- und BürgerInnenrechte geben muß. Im Hinblick auf den Bereich der militärischen Sicherheit teile ich die Meinung, die soeben geäußert wurde: Armeen können allenfalls eine Restfunktion im Bereich der militärischen Sicherheit haben, dürfen jedoch niemals im Zusammenhang mit dem Schutz der Grenzen bei Migrationsprozessen beziehungsweise Fluchtprozessen eingesetzt werden. Denn letztere Aufgabe ist klassischerweise im Bereich der Exekutive angesiedelt, und ich sehe es als Mißbrauch des Bundesheeres an, wenn das Bundesheer an der Grenze zu befreundeten Staaten zum Einsatz kommt.

Nun komme ich zu meinem eigentlichen Hauptanliegen, nämlich der Frage der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte; und ich nenne Ihnen jetzt den wesentlichen Grund, warum wir diesem Budgetkapitel nicht zustimmen können: Es gab hier in den vergangenen Monaten und Jahren einen sehr oberflächlichen Dialog über die Frage der BürgerInnenrechte und der Menschenrechte, und auch von Ihrer Seite, Herr Bundesminister, wurde immer wieder das organisierte Verbrechen – das es ohne Zweifel gibt und dessen Gefährlichkeit von niemandem unterschätzt wird – zur Begründung dafür herangezogen, daß Instrumente in Österreich eingeführt werden, die wir Grünen ablehnen, weil wir meinen, daß deren undifferenzierter Einsatz zu einer Aushöhlung der BürgerInnen- und der Menschenrechte führt. (Abg. Kiss: Das Gegenteil ist der Fall!) Ich spreche jetzt vom Lauschangriff und von der Rasterfahndung.

Herr Bundesminister! Was Sie im Zusammenhang mit Ihren Ausführungen zu den Ermittlungen in Sachen Briefbomben vorgebracht haben, war in meinen Augen die Widerlegung der Notwendigkeit der Einführung dieser Instrumente und nicht die Bestätigung. Herr Bundesminister! Ich


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