Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 172

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habe daran Kritik geübt, und ich wiederhole sie jetzt: Sie haben im Zusammenhang mit Ihren Ausführungen zur Aufklärung hinsichtlich der Briefbombenattentate das seinerzeit auch durch die Medien gegangene Täterprofil in wesentlichen Punkten verändert, nämlich in den einzigen harten, statistisch erhebbaren Punkten betreffend das Alter des Täters und die Lebensform in einem Familienverband. – Ich kann mich nur darüber wundern, daß dieser Fall als Begründung herangezogen wird, während ganz offensichtlich dreiste Verbrechenstaten von organisierten Kriminellen durch die Einführung dieser Instrumente nicht verhindert wurden und organisierte Kriminelle durch diese Instrumente nicht abgeschreckt werden konnten!

Ein weiterer Punkt: Ich nehme durchaus wahr, daß sich im Zusammenhang mit dem Einsatz der Exekutive bei friedlichen, gewaltfreien Demonstrationen einiges geändert hat. Es hat offenbar ein Diskussionsprozeß innerhalb der Polizei stattgefunden, denn es wird bei solchen Einsätzen offensichtlich mit deutlich mehr Behutsamkeit vorgegangen, und die Exekutive ist in aller Regel um ein positives Klima bemüht. Ich registriere das als einen sehr positiven Umstand. Nichtsdestotrotz meine ich – das habe ich etwa im Zusammenhang mit Exekutiveinsätzen in der Wiener U-Bahn wahrgenommen –, daß die Sensibilität, wann man einerseits in die Privatsphäre von Bürgerin-nen und Bürgern eingreifen kann und wie man andererseits mit der Unschuldsvermutung umzu-gehen hat, noch weiterentwickelt werden muß.

Ich frage Sie hier in aller Form, ob Sie es für angebracht halten – wobei ich die Nichtbeachtung von Beförderungsbedingungen nicht bagatellisieren will –, daß in diesem Zusammenhang mit einem ziemlichen Massenaufgebot an Exekutive, wie ich es selbst gesehen habe, teilweise regelrechte Perlustrierungen durchgeführt werden. Das scheint mir doch sehr fragwürdig zu sein. Ich erachte das angesichts der sicherheitspolitischen Prioritäten nicht für die zentrale Aufgabe. Ich meine, daß in diesem Bereich ein weiterer Entwicklungsbedarf besteht. Auch aus diesem Grunde, um die diesbezügliche Sensibilität weiterzuentwickeln, halte ich es für hoch an der Zeit – in diesem Punkt schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen vom Liberalen Forum an –, eine Sicherheitsakademie einzurichten, damit dieser Dialog geführt werden kann und eine Entwicklung, wie sie in anderen Ländern selbstverständlich ist – ich erwähne in diesem Zusammenhang Großbritannien –, auch in Österreich zur Selbstverständlichkeit werden kann. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Noch ein wichtiger Punkt: Ich bemerke mit großer Sorge, daß gar nicht so kleine Areale hier in der Bundeshauptstadt privaten Wachdiensten übergeben werden. Das bedeutet natürlich nicht, daß es dort keine Zuständigkeit der Polizeikräfte mehr gibt. Immerhin liegt aber die erste Kompetenz bei derartigen privaten Wachdiensten, etwa für manche weitläufige Universitätsareale oder für Bahnhöfe. Und wenn hier von meinen Vorrednern der Tätigkeit der Polizei zumindest ein partielles Lob ausgesprochen wurde, dann möchte ich, nachdem ich mich den Bereich der Demonstrationen betreffend auch schon lobend geäußert habe, nun ein ganz spezielles Lob für einen vielleicht kleinen, aber meiner Ansicht nach wichtigen Fall anbringen:

Ich entnehme einer Meldung der Bezirkszeitung, daß auf dem Wiener Franz-Joseph-Bahnhof offenbar etwas übereifrige Privatsheriffs am Werk waren. Sie traktierten dort befindliche Obdachlose in einer mir wirklich unbegreiflichen Art und Weise mit Pfefferspray und Metallstäben und hatten dann noch die Dreistigkeit, die Polizei zur Verstärkung zu holen. Diese Polizisten in Wien-Alsergrund handelten jedoch anders, als die Mitglieder dieses privaten Wachdienstes angenommen hatten: Sie haben nämlich nicht gegen die Obdachlosen in ihrer mißlichen Lage amtsgehandelt, sondern sie haben eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen den privaten Wachdienst erstattet. Da muß ich sagen: Diesem Verhalten zolle ich wirklich meine Hochachtung! Offenbar sind die immer wiederkehrenden Debatten rund um den Themenkreis Menschenrechte versus Staatsgewalt doch auf fruchtbaren Boden gefallen, und ich stehe nicht an, diesen Exekutivbeamten mein Lob und meinen Dank auszusprechen.

Dennoch möchte ich Sie darum bitten, Herr Bundesminister – und wir werden das auch in schriftlichen Anfragen tun –, uns doch einmal darüber zu informieren, wie weit die Tätigkeit dieser privaten Wachdienste jetzt schon ausgedehnt wurde und welche Kompetenzen diese haben. Gibt es in diesem Bereich auch einen Dialog mit dem Innenministerium bezüglich die Frage der


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