Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 123. Sitzung / Seite 179

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Ich denke, darin liegt eine wesentliche doppelte Handlungsoption vor, doppelt in dem Sinn, daß einerseits daraus noch einmal überdeutlich wird, daß Bundesbetreuung im Regelfall das intelligentere Mittel als Schubhaft ist, weil nämlich Bundesbetreuung – wie das Wort schon sagt – ein Betreuungsvorgang ist. Außerdem – und das ist das kleine Sparpotential, auf das ich gerne hinweisen möchte – ist Bundesbetreuung, bezogen auf die Kosten pro Tag, deutlich billiger als Schubhaft. Andererseits hätten Sie manche der Schwierigkeiten nicht, die im Zuge des die Schubhaft kennzeichnenden reinen Verwahrungsvollzuges auftreten, und könnten Möglichkeiten weiterentwickeln, die Betreuung auch im Fall der Schubhaft stark in den Vordergrund zu stellen.

Ich weiß, daß Projektüberlegungen im Gang sind, die darauf hinauslaufen, in Zusammenarbeit mit humanitären Einrichtungen etwas in dieser Hinsicht zu tun. Aber ich denke, das wäre der wahre Pfad in den Fällen, in denen die Schubhaft auch aus unserer Sicht – solche Fälle gibt es ohne jeden Zweifel – unvermeidlich ist. Denn selbstverständlich ist die Bundesbetreuung kein Allheilmittel. Allerdings sollten Asylwerber im Regelfall in der Bundesbetreuung sein und die Schubhaft sich auf die eigentlichen Ziele konzentrieren, auf den Bereich, in dem sie unvermeidlich ist. Denn allein schon die Inschubhaftnahme ist häufig dadurch gekennzeichnet, daß dabei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht wirklich gewahrt wird.

Ich meine, das ist ein kleines Kapitel, bezogen auf das gesamte Budget Ihres Hauses, bezogen auf Aspekte einer Sicherheitsakademie, bezogen auf Aspekte der Notwendigkeit der sonstigen Fort- und Weiterbildung der Sicherheitsexekutive, ihrer Ausrüstung, der Fragen der Neuorganisation – all diese Dinge sind ja schon diskutiert worden. Im Verhältnis dazu ist es ein kleines Feld. Aber es wäre ein Feld, auf dem Sie die Reputation der Republik Österreich – auch gegenüber internationalen Flüchtlingsorganisationen und Kirchen – deutlich verbessern könnten.

Ich meine, es wäre wirklich schade, wenn Ihre Imageverbesserungen jene bleiben, die Ihnen durchaus – zugegebenermaßen nicht immer zur Freude der Opposition, und zwar weniger aus Gründen der Eifersucht als aus inhaltlichen Gründen – auf der medialen Ebene gelungen sind und die Ihnen dann zum Beispiel Lob der Kollegin Partik-Pablé einhandeln. Es wäre besser, wenn Sie sich eher darauf konzentrieren würden, Ihre Imageverbesserungen im Bereich eines humanitäreren Zugangs zu solchen Fragen zu suchen. Denn – das ist hier mein letztes Memo dazu – Sie werden doch hoffentlich nicht diejenigen rechts überholen wollen, die Sie heute gelobt haben. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister.

21.14

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Es ist heute schon sehr viel gesagt worden. Die Debatte ist manchmal kritisch, manchmal positiv für die Arbeit des Innenministeriums gewesen ist, und ich denke, daß beides notwendig ist. Ich gehe davon aus, daß in einem Bereich nur dann erfolgreich gearbeitet wird, wenn die notwendige Unterstützung der politisch Verantwortlichen vorhanden ist, wenn das notwendige Lob gespendet wird – das ist auch wichtig –, aber auch die notwendige Kritik geübt wird. Meiner Ansicht nach ist das in der heutigen Debatte in sehr ausgewogenem Verhältnis der Fall gewesen ist. Ich werde versuchen, in meiner Stellungnahme auf die unterschiedlichen Debattenbeiträge einzugehen.

Als erstes erachte ich für sehr wichtig, was von Frau Abgeordneter Petrovic gesagt worden ist, als sie sich klar dazu bekannt hat, daß Sicherheit ein umfassender Begriff ist. Auch ich sehe das so. Es wäre falsch, zu glauben, daß innere Sicherheit ausschließlich darin besteht, daß man wirkungsvoll, konsequent, hart – oder wie auch immer – gegen Kriminalität und Verbrechen vorgeht. Das ist ein wesentlicher Bestandteil guter Sicherheit in einem Land, aber Sicherheit ist bedeutend mehr: Sicherheit heißt auch soziale Gerechtigkeit in einem Land, Sicherheit heißt auch eine möglichst hohe Beschäftigung, Sicherheit heißt auch, daß niemand in diesem Land aufgrund seiner sozialen Stellung ausgeschlossen wird, Sicherheit heißt auch demokratischer Zugang zu allen Institutionen und demokratische Rechte, und Sicherheit heißt auch – gerade


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