Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 16

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

anderen Seite spricht man immer von Handelsüberschuß. Ich nehme an, daß die Zahlen, die von der Bundesregierung herausgegeben werden, nicht wirklich die Unwahrheit sagen.

Es wird Kollege Cap zitiert, der gesagt hat: "Ich bin momentan Gegner der Osterweiterung." – Das finde ich schade, Herr Cap. (Abg. Scheibner: Der ist gescheit, der Cap! Der gefällt mir immer besser!) 40 000 Arbeitsplätze und ein Handelsüberschuß – ist das wirklich so schlecht? Glauben Sie wirklich, daß das gefährdet wird, wenn sich die Grenzen öffnen?

Das Problem, das wir sehen, ist, daß wir eigentlich ein Wohlstandsgefälle haben. Dieses Wohlstandsgefälle kann man nach Meinung der Bundesregierung nur in den Griff bekommen, wenn auf der einen Seite der Grenzen, also auf unserer Seite, gefördert wird, damit ja nichts passiert. Das heißt, daß dieses Gefälle bestenfalls auf einem höheren Niveau bestehen bleibt. Das ist absolut unlogisch. Wenn ich ein Problem dies- und jenseits der Grenze sehe, dann muß ich doch dort fördern, wo ich dieses Gefälle habe, nämlich auf der Seite unserer Nachbarstaaten. Und das ist die wichtigste Sache, die wir eigentlich in Brüssel durchsetzen sollten, nicht, wieviel man für Österreich herbeiziehen kann, sondern wie man diese Situation in den Griff bekommen kann, sodaß die Menschen, die in Osteuropa leben und arbeiten, nicht das Bedürfnis entwickeln, unbedingt in Europa mobil zu werden. Wobei ich sagen muß, daß es dazu ohnehin nicht kommen wird (Beifall beim Liberalen Forum), weil die Mobilität erst ab einer Schere von über 60 Prozent zustande kommt. Diese Schere wird nach allen wirtschaftlichen Berechnungen zum Zeitpunkt des Beitrittes auf jeden Fall nicht mehr in diesem Maße vorhanden sein.

Ich finde es lustig, daß eigentlich manche Leute von jener Fraktion, die am massivsten gegen die Osterweiterung auftritt, sehr wohl davon profitieren. Schade, daß Herr Kollege Prinzhorn nicht mehr da ist. (Abg. Scheibner: Jetzt muß der übliche Schlag gegen die FPÖ wieder kommen!) Prinzhorn hat Firmen in Ungarn, ich glaube aber nicht, daß er schlaflose Nächte verbringt oder jetzt in wirtschaftlicher Not ist. Als er nur Firmen in Österreich hatte, ging es ihm meiner Ansicht nach schlechter als jetzt. Er ist also ein Nutznießer dieses Öffnungsgedankens. Ich weiß nicht, ob das mit den Grundsätzen der Freiheitlichen Partei wirklich zu vereinbaren ist. Vielleicht darf er dann gar nicht diesen Zettel unterschreiben, wenn er sich erlaubt, in Ungarn Firmen zu haben. Trauen Sie Ihrem Wirtschaftsfachmann innerhalb Ihrer Partei, und Sie werden sehen, Sie fahren nicht schlecht damit! Er ist offensichtlich kein Mensch, der Not leidet.

Wenn man von den langen Übergangsfristen spricht, die notwendig sind, oder von Schutzklauseln oder davon, daß die Erweiterung, so wie es Klima sagt, nicht "schockartig" passieren darf, dann muß ich sagen, der Schock dauert schon ziemlich lange. Für mich als Medizinerin ist ein Schock ein akutes Ereignis. Wenn man von Erweiterung spricht und Herr Klima dies mit dem Ausdruck "schockartig" versieht, dann, so meine ich, war die Wortwahl nicht richtig.

Ich möchte zur Finanzierung kommen, dazu, wie sie Frau Wulf-Mathies eigentlich bewertet: "Es wird mit Sicherheit Mittel für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit geben. Ich kann mir aber nicht vorstellen, daß diese Mittel auch nur annähernd die Erwartung derer befriedigen werden, die sich die Osterweiterung so teuer wie möglich abkaufen lassen wollen."

Das ist das Problem. Sie schüren in Österreich Bedürfnisse, entwerfen Angstszenarien und wundern sich, warum die Bevölkerung dermaßen gegen die Osterweiterung ist. Sie operieren mit falschen Zahlen, mit falschen Elementen, und das halte ich nicht für korrekt. Auch Kollege Verzetnitsch – was ist er eigentlich? –, nach wie vor ÖGB-Vorsitzender und Vorsitzender aller Gewerkschaften Europas, führt das zu einer Dramaturgie, die eigentlich nur mehr widerlich ist. (Abg. Scheibner: Zur Wortwahl!) Er sagt: Die Osterweiterung führt dazu, daß in Österreich erstens massiv Arbeitsplätze verlorengehen werden und daß zweitens zwischen 200 000 und 500 000 Personen in Österreich Arbeit suchen werden. – Das ist nicht wahr! Das ist schlichtweg nicht wahr! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie sich die Studien über die Mobilität in jenen Ländern anschauen, werden Sie merken, daß das gelogen ist. Wenn dem so wäre, wäre dies ein Grund mehr, alle Strukturfondsmittel in die osteuropäischen Nachbarstaaten zu bringen und nicht nach Österreich. Das wäre eigentlich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite