Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 124. Sitzung / Seite 70

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zenden Präsidenten, einen Ordnungsruf zu erteilen. Der soeben Kollegen Schwarzenberger erteilte Ordnungsruf erfolgte mit dem Hinweis, daß Worte von politischen Führungspersönlichkeiten, umstrittenen (Ruf: Verbrecherischen!), verbrecherischen Führungspersönlichkeiten der österreichischen und deutschen Geschichte, nicht dem Stil des Hauses entsprechen. Ich kann mich an eine Debatte vor zwei Wochen erinnern, bei der ähnliche Benotungen im Zusammenhang mit kriminellen Spitzenpersönlichkeiten für den Großteil der Abgeordneten von vier Fraktionen verwendet worden sind. Da hätte meiner Meinung nach geradezu eine Orgie von Ordnungsrufen ergehen müssen, wenn mit gleichem Maßstab gemessen worden wäre! (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Grünen.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Kollege Wabl hat den Bogen von der Erstrednerin, Kollegin Aumayr, bis zu Kollegen Schwarzenberger gespannt. Kollege Wabl wird verstehen, daß ich den Bogen von Aumayr zu Wabl spanne. Kollege Wabl, die Lustlosigkeit zu begründen wäre gar nicht notwendig gewesen, die spürt man. Die spürt man allein schon aus deinem Hinweis, daß du in einer Krisensituation für alle Schweinebauern mit Tiefstpreisen am Ferkel- und Schlachtschweinemarkt deinen Abend – zum Glück für deinen Sohn – mit der Reparatur des Fußballtors verbracht hast, während sich Zweytick und wir alle uns im Grunde genommen dem Gespräch mit den Bauern und dem Krisenmanagement gewidmet haben, mit dem Erfolgsrezept, daß der österreichische Agrarminister, der in wenigen Wochen den Ratsvorsitz übernehmen wird, Bündnispartner unter den wichtigen Kollegen in Europa gefunden hat, sodaß innerhalb von Tagen Erstattungsbeträge eingesetzt worden sind, die dazu geführt haben, daß innerhalb von fünf Tagen der Marktpreis um fast 10 Prozent gestiegen ist. Das ist auf der einen Seite Arbeit und auf der anderen Seite Frustration und vorprogrammierter Ausstieg. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Glück profitiert bei diesem Vergleich, den du erwähnt hast, wenigstens einer, das ist dein Sohn. Es sei ihm herzlich vergönnt, aber eines zu sagen sei mir schon gestattet: Es wird hier laufend so dargestellt, als wären Bauernfunktionäre, Bauernvertreter, der Minister entrückt (Abg. Öllinger: Entrückt ist der Rosenstingl!), und wir könnten aus anderen Richtungen hören, wie es den Bauern geht. Ich glaube, es ist eindeutig nachvollziehbar, wo die Diskussion, das Fühlen, das Leben mit den Bauern stattfindet, sonst wären auch diese Erfolge, die Minister Molterer mit Unterstützung vieler Bauernfunktionäre in Brüssel einleiten und durchsetzen konnte, nicht möglich gewesen. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Die leider Gottes nicht allzu erfreuliche Präsenz angesichts der Budgetdebatte, Kapital Landwirtschaft (Abg. Öllinger: Die ÖVP läßt aus! Die ÖVP läßt komplett aus! Die ÖVP ist schwach vertreten!), kann aus der Sicht eines Bauern und Bauernvertreters nur eine erfreuliche Begründung haben: daß die abwesenden Kolleginnen und Kollegen möglichst reich dem Mittagstisch frönen. (Abg. Wabl: Nicht einmal der Klubobmann ist hier! Nicht einmal den Kollegen Khol interessiert das!) Damit wäre uns zumindest in einigen Bereichen geholfen. Ich habe mangels Zeitzeichens leider Gottes übersehen, daß ich beim Kapitel Außenpolitik meine Redezeit überschritten habe, und möchte mich daher kollegial kurz halten, um für meine Freunde das wieder einzubringen, was ich leider Gottes unbewußt überzogen habe.

Kollege Wabl! In einem stimmen wir überein, aber nicht, weil Minister Molterer Agraroppositioneller ist, sondern weil er die Jahrhundertchance für Österreich hat, sich bereits im vierten Jahre der Mitgliedschaft im Ratsvorsitz im Rahmen der Agenda-Verhandlungen einem Kernproblem der europäischen Agrarpolitik zu widmen: Gehen wir in den nächsten Jahren angesichts WTO und Erweiterung in eine Weltmarktoffensive mit defensiver Sicherung der multifunktionalen Landwirtschaft, oder gehen wir nach österreichischen Zielsetzungen, nach dem Modell der europäischen Landwirtschaft in eine Festigung der multifunktionalen Landwirtschaft? – Unter Wahrnehmung der Chancen auf dem Weltmarkt, zu denen ich mich auch bekenne.

Nur eines muß klipp und klar gesagt werden: Diese europäische Auseinandersetzung ist zu führen. Die prioritäre Weltmarktorientierung ist unvereinbar mit der mulitfunktionalen Landwirtschaft und daher Nonsens. Daher ist es unsere Aufgabenstellung, nicht nur im Interesse der österreichischen Bauernschaft, sondern im Interesse des Grundkonsenses der österreichischen


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