Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 25

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Bei meinem Verständnis von Ehe handelt es sich also um ein primärstaatliches Interesse, nicht nur um die erwähnte christliche Auffassung, dafür ist ja allein die Sakramentalität der Ehe ausschlaggebend. Die Ehe ist durch persönliche Willenserklärung als Vertrag zustande gekommen und geht weit über den Status einer Privatangelegenheit hinaus, wenn wir die erbrachten Leistungen betrachten.

Erziehung, Sozialisation, Pflege der Kinder, Alten und Kranken, gegenseitiger Beistand, präventiver Effekt durch familiäre Bildung und Erziehung – diese erbrachten Leistungen entlasten staatliche Einrichtungen. Bei einem Scheitern wird deutlich, auf wen die hohen sozialen und finanziellen Folgekosten abgewälzt werden, nämlich auf die Allgemeinheit. Die Verankerung von Ehe und Familie in der Bundesverfassung böte ein taugliches Richtmaß hinsichtlich ihrer Familiengerechtigkeit. (Beifall bei der ÖVP.)

10.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Edith Haller. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

10.20

Abgeordnete Edith Haller (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Familienminister! Ich hoffe doch, daß Sie mir zuhören werden. Hohes Haus! Alois Guger hat im Jahr 1992 in einer Studie über die Effizienz der österreichischen Familienpolitik folgendes gesagt: "Österreichs Familienpolitik bietet ein paradoxes Bild: Die Familienförderung ist in Österreich höher als in den meisten Industriestaaten. Dennoch ist die Geburtenrate niedrig, und die Einkommenserhebungen des Mikrozensus zeigen, daß die Armutsgefährdung mit der Zahl der Kinder in Österreich rasch zunimmt." – Herr Bundesminister! Das war 1992. Es ist Ihnen und Ihren Vorgängerinnen als Familienminister seither nicht gelungen, diesen Trend umzukehren. Im Gegenteil: Wie wir wissen, hat er sich noch verstärkt.

Es liegen sechs Jahre dazwischen, und es ist einiges im Bereich der österreichischen Familienpolitik passiert: das Erkenntnis des VfGH aus dem Jahre 1991 betreffend Familienbesteuerung, die Reparatur durch das sogenannte erste Familienpaket 1993, dann jedoch die beiden Sparpakete, die eine Verschlechterung bei den Zuwendungen an die Familien von nachweislich – das beweist Ihr Budget des Jahres 1998 – 20 Prozent gebracht haben. Und in der Zwischenzeit, Herr Bundesminister, hat sich laut Meinung von Experten herausgestellt, daß diese beiden Sparpakete – ja schon die Ankündigung des ersten Sparpaketes – dafür verantwortlich waren, daß wir jetzt einen noch eklatanteren Geburtenrückgang zu verzeichnen haben.

Nun zum Erkenntnis des VfGH aus dem Jahre 1997, das neuerliche Reparaturmaßnahmen, die im Budget 1999 zumindest zu einem Teil verankert sind, zur Folge hat. Ich muß Ihnen, Herr Familienminister, und auch meiner Vorrednerin eines wieder ins Stammbuch schreiben: Diese Reparatur ist erstens nicht freiwillig erfolgt, sie gibt zweitens den österreichischen Familien weitaus weniger zurück, als man ihnen zuerst vorenthalten hat, was durch das Erkenntnis bewiesen ist, und drittens ist auch diese Reparatur, diese neuerliche Reparatur wiederum nicht erkenntniskonform.

Wenn ich an die Diskussionen, die im Juni 1992 zum ersten Familienpaket hier in diesem Haus stattgefunden haben, zurückdenke – die Familienministerin von damals, Frau Feldgrill-Zankel, hat sich ja bereits aus der Politik zurückgezogen, aber zum Beispiel an die Debattenbeiträge der Kollegin Rosemarie Bauer –, dann muß ich sagen, daß mich die heutige Debatte ganz fatal an die damalige erinnert. Rosemarie Bauer, du hast damals gesagt, daß dieses Familienpaket für die ÖVP wirklich ein Beweis dafür sei, daß es gelungen sei, die Wende in der Familienpolitik herbeizuführen. (Abg. Rosemarie Bauer: Natürlich!) Nun, das stimmt einfach nicht. Die Fakten, die Budgets beweisen etwas ganz anderes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nach Expertenmeinung wird auch das neuerliche Familienpaket wenig zur Armutsbekämpfung im Bereich der Familien beitragen. Ich zitiere dazu gerne Herrn Johannes Kübeck von der "Kleinen Zeitung", der zwei hervorragende Artikel zum Bereich Familienpolitik geschrieben hat und der die Familienpolitiker auffordert, keine Scheu mehr zu haben, konsequente Familienpolitik zu betreiben. Herr Johannes Kübeck hat in der "Kleinen Zeitung" aufgerechnet, daß Kinder


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