Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 79

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Herr Bundesminister! Ich habe Ihnen schon mehrfach ein Kompliment dafür aussprechen dürfen, wie handwerklich perfekt Sie dieses Budget gezimmert haben. Ich kann aber nicht kritisch genug darauf hinweisen, daß diesem Budget wirklich jeder dynamische, reformatorische Ansatz fehlt.

Herr Bundesminister! Ich zeihe Sie der selektiven Wahrnehmung, wenn Sie uns richtigerweise auf der einen Seite sagen, daß Sie das Maastricht-Ziel erreicht haben. Das stimmt, und ich verstehe auch die Koalitionsabgeordneten, die sich darüber freuen. Ich frage mich aber, warum Sie nicht Ihr Budget mehr und deutlicher hinterfragen, warum Sie sich nicht fragen, was hinter der vordergründigen Sanierung steht, welche Verpflichtungen in diesem Budget nach wie vor im dunkeln liegen, welche strukturellen Maßnahmen nicht gesetzt werden, und vor allem, warum Sie sich nicht die Frage stellen: Was kommt danach? – Nämlich das Budget 2000.

Dieses Budget, das Sie hier vorlegen, ist ein Budget ohne "Brösel". Sie haben es trocken, ohne viel Lärm, ganz klammheimlich, fast clandestine durch die Institutionen des Parlaments gebracht. Sie haben also staatstragende Ruhe vor dem EU-Vorsitz hergestellt. Einverstanden. Ich verstehe das auch. Es ist das letzte Budget eines nach eigenen Aussagen abtretenden Finanzministers, der ein schweres Erbe an seinen Nachfolger weitergibt, der ein Budget 2000 zu verwalten haben wird. Unter dem Druck des Stabilitätspaktes kann sich diese Koalitionsregierung nicht noch einmal an der traurigen Budgetwahrheit, die ich Ihnen gleich erläutern werden, vorbeischwindeln. Sie haben noch einmal den Deckel zugezogen. Ob Ihr Nachfolger Ihrer Fraktion angehört oder einer anderen? Ich bin kein Hellseher, aber ich nehme fast an, es wird dann schon der achte sozialdemokratische Finanzminister sein.

Was sind aber die wirklichen Zahlen dieses Budgets, die Sie in Ihrer selektiven Wahrnehmung selten erwähnen, die Sie nicht in den Vordergrund stellen und die wir hier debattieren sollten?

Die Finanzschuld 1999 beträgt 1 615 Milliarden Schilling. Das sind nicht mehr und nicht weniger als 200 000 S pro Kopf der Bevölkerung. Kinder, Greise und sogar die Glatzköpfe einbezogen. (Heiterkeit.) Alleine 1999, Herr Finanzminister, machen Sie 70 Milliarden Schilling oder 70 000 Millionen Schilling mehr Schulden. Das sind wöchentlich 1 300 Millionen Schilling.

Ich breche das bewußt so herunter, meine Damen und Herren, um sich diese Größenordnungen bewußt zu machen, damit wir uns nicht immer nur die Millionen, Milliarden und später einmal die Billionen an den Kopf werfen. All diese Neuverschuldungen gehen Sie bei einem Wachstum von real 3 Prozent ein. Mehr Wachstum können Sie in einer reifen Volkswirtschaft nicht mehr erzielen, ohne nicht in eine schwere Inflation zu geraten.

Gleichzeitig, während Sie sich bei einem Wachstum von real 3 Prozent wöchentlich um 1 300 Millionen mehr verschulden, sind die Investitionen des Bundes von 1990 bis 1999 fast auf die Hälfte gesunken, nämlich von 40 Milliarden auf 22 Milliarden Schilling. Die Forschungsausgaben, also die Investitionen in die "Software" der Zukunft, sind von 1995 bis 1999 um eine einzige Milliarde gestiegen, und die Wirtschaftsförderung ist von 35 Milliarden auf 29 Milliarden Schilling gesunken.

Herr Bundesminister! Den Rest der Investitionen – das ist das, wofür Sie eigentlich Schulden machen dürften, wenn Sie einem monetaristischen Weg nachfolgen –, die Sie nicht mehr tätigen, haben Sie ausgelagert. Sie haben sie ausgelagert in die ASFINAG, in die Schieneninfrastrukturgesellschaft und in die HL-AG. Dort haben Sie Bundeshaftungen, die bereits größer als 100 Milliarden Schilling sind. Und Sie wissen ganz genau, daß die ASFINAG ab dem Jahr 2001 nicht mehr in der Lage sein wird, mit ihren Einnahmen die steigenden Ausgaben zu decken.

Sie wissen genausogut, daß Ihnen Dr. Draxler, der Chef der Österreichischen Bundesbahnen, hat ausrichten lassen, daß er nicht in der Lage sein werde, die Benützungsentgelte, die Investitionen in die SchIG und in die HL-AG erfordern würden, aus eigenem zu bedienen. Das sind lauter Verpflichtungen, die Sie ansammeln und denen Ihr Nachfolger im Budget 2000 und in den folgenden wird nachkommen müssen.


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