Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 80

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Sie haben die Haftung für Ausfuhrförderungen übernommen. Die Ausfuhrförderungen haben einen Sinn, nur: Wie viele Exporte haben Sie in Österreich zugelassen auf Kosten der Zukunft, weil Sie genau wissen, daß diese 515 Milliarden, für die Sie haften, nicht mehr zur Gänze, sondern nur teilweise wieder hereinkommen werden? Wie viele davon werden hereinkommen? Haben Sie Rating-Agenturen mit dieser Frage beschäftigt? Haben Sie eine Übersicht darüber, was in dieser Hinsicht auf die Budgets des nächsten Jahrzehnts, Jahrhunderts und Jahrtausends zukommt?

Sie haben weiters Haftungen übernommen über E-Wirtschaft, ÖIAG, Wohnbaufonds, Umwelt-, Wasserwirtschaftsfonds, Bahn und Post und übriges, und Sie sind noch mehr als 200 Milliarden Schilling Verwaltungsschulden eingegangen.

Herr Bundesminister! Sie haben nicht eine Gesamtverschuldung Ihres Budgets in der Höhe von 1 600 Milliarden, die Sie ausweisen, sondern Sie haben auf jeden Fall eine Gesamtverschuldung von über 2 500 Milliarden Schilling – und Sie wissen das, nur Ihre selektive Wahrnehmung verhindert, es auch zu sagen. Manche Fachleute meinen, sie bewege sich bereits in Richtung 3 000 Milliarden Schilling, also über der Höhe eines Bruttoinlandsproduktes.

Herr Bundesminister! Sie machen es mit den Verpflichtungen des Bundes so, wie es diese Bundesregierung immer mit der Arbeitslosigkeit macht. Alle hier im Haus wissen, daß wir weit mehr Arbeitslose haben als diese 250 000 bedauernswerten Menschen, weil wir einen hohen Frühpensionsanteil haben, weil wir Karenzgeldbezieherinnen haben und so weiter und so fort. Sie wissen ganz genau, wenn Sie einen wirklichen internationalen Vergleich machen, haben wir eine Arbeitslosigkeit, die über der Deutschlands liegt. Sie haben sie nur – mein Kompliment dafür! – anders "geparkt" und versorgt, und genauso ist es mit den Schulden, die Sie im Bund haben.

Herr Bundesminister! Sie sind Verpflichtungen in der Höhe von über 2 500 Milliarden Schilling, also über einem BIP liegend, eingegangen, von denen Sie heimlich Maastricht-konform als Finanzschulden des Bundes 1 612 Milliarden ausweisen. Der Zinsendienst daraus beträgt 97 Milliarden Schilling pro Jahr. Das heißt wiederum, jedes Kind und jeder Erwachsene, jeder Greis und jede Greisin in Österreich müssen 12 000 S pro Kopf und pro Jahr an Steuern bezahlen, nur damit Sie die Zinsen bezahlen können.

Die Nettozinssteuerquote ist höher als 20 Prozent. Das heißt, Sie verteilen jährlich von den Lohneinkommen zu den Kapitaleinkommen – genau das, was Sie als Sozialdemokrat eigentlich nicht wollen können. Warum tun Sie es dann? Warum gehen Sie diesen Weg der Verschuldung weiter, der zwangsläufig eine Umverteilung weg von den Lohneinkommen hin zu den Kapitaleinkommen bedeutet? Sie wissen genau, unser Problem ist, daß das Kapital in Österreich nicht gleich verteilt ist. Ganz im Gegenteil: Es kumuliert sich in der Hand eines kleineren Teils der Bevölkerung, der dann gerne dem Staat Geld borgt, mündelsicher, um dafür 5 Prozent zu bekommen.

Herr Finanzminister! Sie haben ein reales Wirtschaftswachstum von 3 Prozent. Sie haben 70 Milliarden Schilling zusätzliche Staatsverschuldung in diesem Jahr, und Sie haben die höchste Steuer- und Abgabenbelastung, die es jemals in der Geschichte dieser Republik gab. Ihre Berechnungen ergeben zwischen 1990 und 1999 eine Steigerung der Steuer- und Abgabenquote von 40,6 auf 43,4 Prozent. Berechnet man diese Steuer- und Abgabenquote nach EU- und OECD-Kriterien, beträgt sie sogar 45,7 Prozent. Von je 100 S, die in Österreich erwirtschaftet werden, haben Sie 45,70 S in Ihrer Hand, und dennoch kommen Sie trotz 3 Prozent realem Wirtschaftswachstum mit dem Geld nicht aus!

Alle internationalen Institutionen sagen es Ihnen – egal, ob es die OECD ist, ob es andere Studien sind –: Sie haben keinen Spielraum, den Sie in konjunkturell guten Zeiten schaffen könnten, um in konjunkturell schlechteren Zeiten gegenzusteuern.

Herr Finanzminister! Die Lohnsteuer allein – Herr Kaufmann hat darauf hingewiesen – hat sich von 1990 bis 1999 fast verdoppelt, und nur von 1995 bis 1999, in der Zeit, in der Sie als Sozialdemokrat die Verantwortung tragen, ist sie um fast 50 Milliarden Schilling gestiegen. Es stimmt schon, Herr Kollege Kaufmann, daß der private Konsum das Problem dieser Republik ist. Den


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