Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 125. Sitzung / Seite 81

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

privaten Konsum können Sie anheizen durch höhere Nettoeinkommen der Menschen, nur: Die höheren Nettoeinkommen haben natürlich etwas zu tun mit der Steuerbelastung, mit der Differenz zwischen Brutto- und Nettoeinkommen, und noch viel mehr haben sie zu tun mit der Differenz zwischen Arbeitskosten und Bruttoeinkommen.

Unser Problem ist – und ich werde nicht müde werden, dies immer wieder zu sagen –: Unsere Mitarbeiter kosten zuviel und verdienen zuwenig. Die einzige Zahl, die den Unternehmer wirklich interessiert, sind die Arbeitskosten. An wen er die Arbeitskosten bezahlt, kann ihm a priori gleichgültig sein, am liebsten aber gibt er das Geld seinen Mitarbeitern, und zwar nicht über Umwege, sondern möglichst viel davon direkt an sie.

Das heißt, den privaten Konsum kann man dann anheizen, wenn man einen größeren Teil der Arbeitskosten den Menschen als Nettolöhne ausbezahlt. Heute ist das ein Drittel. Ein Drittel der Arbeitskosten bekommen die Menschen in Österreich monatlich netto ausbezahlt! Das ist das Problem in unserem Lande.

Herr Finanzminister! Die Leistungsbilanz wird auch im Euro-Raum von Bedeutung sein, und als hochkarätiger Fachmann wissen Sie das. Österreich wird eine Euro-Region, eine Europa-Region. Und wenn Sie jährlich 2 Prozent des BIP Leistungsbilanzminus haben, heißt das nicht mehr und nicht weniger, als daß 2 Prozent österreichische Kaufkraft, österreichisches Volkseinkommen in andere europäische Regionen abfließen, denn wir haben das Leistungsbilanzdefizit überwiegend mit Ländern der Europäischen Union.

Das heißt, Österreich wird, wenn Sie dieses Leistungsbilanzdefizit, das auch im Euro-Raum weiter bestehen wird – nicht mehr als Währungsleistungsbilanzdefizit, aber als regionales Defizit – nicht verringern, Jahr für Jahr 2 Prozent seiner Kaufkraft verlieren. 43 Milliarden Schilling werden es heuer sein, 47 Milliarden Schilling waren es seit 1995.

Das Außenhandelspassivum hat da zu wenig Veränderung beigetragen, es lag in den letzten zehn Jahren zwischen 88 Milliarden und 116 Milliarden Schilling und ist somit ziemlich gleich geblieben.

Sehr stark verändert hat sich aber die Reiseverkehrsbilanz. Der Reiseverkehrsüberschuß in der Höhe von 75 Milliarden im Jahr 1992 ist auf knapp über 14 Milliarden Schilling im Jahr 1999 zurückgefallen.

Ich verstehe eigentlich eines nicht, Herr Bundesminister: Sie reden richtigerweise von einer Export- und Technologieoffensive, Sie reden richtigerweise vom Wirtschaftsstandort Österreich. Ja warum meinen Sie damit immer nur den Industriestandort? Gibt es nicht auch einen Dienstleistungsstandort in Österreich, der eine viel höhere Beschäftigungschance bietet als der Industriestandort? Ich bekenne mich ausdrücklich zu den Leistungen der österreichischen Industrie. Die Leistungen der österreichischen Exportwirtschaft, vor allem der industriellen Exportwirtschaft, sind grandios, aber warum gibt es parallel dazu nicht eine Tourismusoffensive, eine Tourismusoffensive, die genau das bringt, was wir brauchen: eine Steigerung des privaten Konsums, der regionalen Kaufkraft, einen hohen Beschäftigungsmultiplikator!

Die Marktchancen im Tourismus sind nach wie vor intakt, sie werden allerdings durch die Kosten des Dienstleistungsstandorts wesentlich eingeschränkt. Und die Kosten des Dienstleistungsstandorts sind wiederum definiert durch die Arbeitskosten, die in den Dienstleistungsbetrieben heute zwischen 30 und 50 Prozent der Gesamtkosten ausmachen. Das heißt, die 3 bis 4 Prozent Arbeitskostensteigerungen, die rein aus steuerlichen Gründen im Rahmen der Sparpakete von dieser Koalitionsregierung in den letzten Jahren beschlossen wurden, bedeuten in diesen Betrieben eine Mehrkostenbelastung in der Höhe von 1,5 bis 2 Prozent, die im Preis untergebracht werden muß.

Herr Bundesminister! Ich bin überzeugt davon, daß Sie sich mit diesem statischen Budget nicht in die Reihe der großen Budgetentwürfe werden stellen können. Ihr Sanierungserfolg 1999 ist ein Belastungserfolg. Sie wissen es, ich muß es Ihnen nur vorrechnen, denn Ihre selektive Wahrnehmung wird Sie nicht darauf zu sprechen kommen lassen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite