Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 23

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war nämlich kein Verdienst Kreiskys, sondern sie geht vielmehr auf eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahr 1964 und auf Maßnahmen, die in der Folge getroffen wurden, zurück. Dies ist also schon vor der Regierung Kreisky im Jahre 1970 erfolgt. Ich freue mich aber dennoch über jeden Versuch, Kreisky in diesem Hause zu würdigen. Er hat es sich mit seiner geschichtlichen Größe wahrlich verdient. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Stadler: Im Verfassungsrecht schon!)

Ich kehre zur Frage der Neutralität zurück, und zwar in erster Linie zu J. 7 – 17, wenn wir die neue Bezeichnung verwenden. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. – Nein, ich möchte darauf nicht auch noch eingehen. Sie haben davon gesprochen, daß die Kommission ein Initiativrecht erhalten hat. (Abg. Mag. Stadler: Ja!) Da haben Sie sich geirrt, denn das Initiativrecht hat sie schon vorher gehabt. (Abg. Mag. Stadler: Nein!) Wenn Sie nachschauen, können Sie feststellen, daß sie schon vorher das Initiativrecht gehabt hat. (Abg. Mag. Stadler: Aber jetzt kriegt sie es generell!) Nein, sie hat es schon vorher gehabt. Bitte überprüfen Sie dies!

Nun wieder zurück zum Artikel 17. In diesem Artikel 17 geht es um ein paar Dinge: Es geht um die Frage des Selbstverteidigungsrechtes der Union. Weiters geht es um mögliche Kampfeinsätze und die Verschmelzung von WEU und EU. Und diese drei Bereiche betreffen möglicherweise auch unsere Neutralität.

Zur ersten Frage, dem Selbstverteidigungsrecht. Dieses betrifft das Verständnis der EU als Ganzes beziehungsweise – wie die neue Formulierung lautet –: Wahrung der Unversehrtheit der Union im Einklang mit den Grundsätzen der Charta der Vereinten Nationen und Hinweis auf die Außengrenzen. In diesem Punkt haben meiner Meinung nach jene, die wie Kohl und andere einen umfassenden Standpunkt einnehmen, nicht unrecht. Auch ich habe sehr viel Verständnis für die Position, daß ein Angriff auf die Union für ein Mitgliedsland etwas anderes darstellt als zum Beispiel ein Angriff auf ein Flugzeug irgendeines NATO-Mitglieds nördlich des Wendekreises des Krebses für ein anderes NATO-Mitglied. Das ist ein Pakt. Hiebei ginge es darum, ob ein – formulieren wir es einmal so – Freund dem anderen helfen will, wenn dieser angegriffen wird. Bei der Union geht es nicht um die Frage, ob wir Belgien helfen wollen, wenn Brüssel angegriffen werden sollte, sondern vielmehr darum, ob ein Angriff auf das Europäische Parlament – um ein konkretes Beispiel zu nennen – bei der Verflochtenheit der Organe et cetera einen Angriff auf die Organe der Union darstellt (Abg. Mag. Stadler: Weg von der Neutralität!) und somit nicht nur einen Angriff auf das Land Belgien, sondern auch auf jedes der anderen 14 Mitgliedsländer.

Wichtiger ist die Frage der Kampfeinsätze. Hiezu wollten alle die Neutralität ins Spiel bringen. (Abg. Jung: Also Sie sind für kollektive Sicherheit?!) Es wird behauptet, diese würde abgeschafft, was nicht stimmt. Es geht lediglich darum, ob ein solcher Einsatz in der Welt oder in Europa unter einem UNO-Mandat beziehungsweise durch OSZE-Beschluß geschieht oder nicht. Ist dies nicht der Fall und dient er auch nicht der Selbstverteidigung der Union, dann – dieser Ansicht sind wir; auch wenn durch den Vertrag von Amsterdam die Möglichkeit eröffnet wird – kann ein neutrales Land wie Österreich diese nicht nutzen, kann, soll und wird sie daher nicht nutzen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Deshalb besteht die Neutralität weiter, sie wird nicht eingeschränkt oder abgeschafft, es verringert sich lediglich ihr Anwendungsgebiet, denn wenn die Staatengemeinschaft völkerrechtlich abgesichert und solidarisch selbst agiert wie die Vereinten Nationen, dann betrifft das nicht mehr die Neutralität. (Abg. Wabl: Genosse Schieder ist der Großmeister der virtuellen Realität!)

Für den Fall, daß Sie wissen wollen, ob wir bei der Abschaffung der Neutralität für eine Volksabstimmung eintreten würden: Eine solche ist vom rechtlichen Standpunkt aus nicht geboten, aus politischer Sicht wäre ich aber auch dafür, eine Volksabstimmung durchzuführen, jedoch nicht zum Zeitpunkt der Ratifizierung des Amsterdamer Vertrags – Sie verlangen sie eigentlich nur, um vielleicht auf diese Weise den Vertrag von Amsterdam beziehungsweise seine Ratifizierung durch Österreich "aushebeln" zu können –, sondern der Zeitpunkt läge vor dem Beitritt Österreichs zu einem Militärbündnis.


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