Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 130. Sitzung / Seite 43

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Meine Damen und Herren! Es war notwendig, daß die Integration in Fragen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik gestärkt worden ist, da die Europäische Union Verantwortung für diesen Kontinent hat. Sie ist mehr als nur eine Wirtschaftsunion, sie ist als politische Union dafür verantwortlich, daß die Menschen dieses Kontinents in Frieden und Freiheit leben können. Aufgrund dieser Verantwortung für die Sicherheit waren die erwähnten Maßnahmen zu setzen.

Es ist richtig, Frau Kollegin Kammerlander und Frau Kollegin Petrovic, daß Sicherheit umfassend gesehen werden muß. Sicherheit wird durch demokratische und soziale Entwicklungen auf dem Kontinent geschaffen. Es muß in den Nachbarländern, aber auch in der Europäischen Union sozialer Friede herrschen, denn dadurch werden Konfliktpotentiale abgebaut. (Abg. Wabl: Das ist doch keine Frage! Das Wie ist die Frage!)

Aber das ist nur eine Seite. Denn um Sicherheit zu bewahren, um sicherheitspolitische Überlegungen und Sicherheitsinteressen entsprechend durchsetzen zu können, muß auf der anderen Seite auch die militärische, die verteidigungspolitische Komponente berücksichtigt werden.

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir natürlich zur Frage der Neutralität. – Die Neutralität als sicherheitspolitische Konzeption kann für die Europäische Union in der Bewältigung der sicherheitspolitischen Aufgaben keine Antwort mehr sein. Daher kann sie auch für Österreich diesbezüglich keine Antwort mehr sein, da wir seit unserem Beitritt zur Europäischen Union ein Teil derselben sind. Die Sicherheits- und die Verteidigungspolitik sind nun nicht mehr nationalstaatliche, sondern europäische Aufgaben. Daraus entsteht meiner Überzeugung nach die Notwendigkeit, weg vom nationalstaatlichen Denken hinsichtlich der Sicherheitspolitik hin zu einer Europäisierung und Internationalisierung der Sicherheitspolitik zu kommen. Wir müssen diesen Schritt gehen, und daher haben wir uns von nationalstaatlichen Konzepten zu verabschieden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Neutralität ist ein solches nationalstaatliches Konzept, aber – das hat Herr Kollege Schieder ja auch gesagt – der Anwendungsbereich der Neutralität ist eingeschränkt worden. – Ich würde es anders formulieren: Es sind uns die Adressaten unserer Neutralität aus dem Jahre 1955 verlorengegangen, und daher kann dieses Konzept keine Antwort mehr auf sicherheitspolitische Fragen sein. Das Neutralitätsgesetz, das Kollege Wabl heute zur Erinnerung an die Wand geklebt hat, war für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, für die Zeit des kalten Krieges eine richtige Antwort – zur Bewältigung zukünftiger Herausforderungen ist es nicht mehr geeignet.

Aus unserer Sicht ist die Integration Österreichs in die sicherheitspolitischen Strukturen der Europäischen Union – das ist die Westeuropäische Union – die einzig mögliche Antwort. Wir haben daher einen entsprechenden Antrag im Parlament eingebracht. Ich bedauere es außerordentlich, daß über diese ganz entscheidenden, wesentlichen Fragen keine wirkliche Diskussion geführt wird. Wir diskutieren zwar über den Amsterdamer Vertrag, in dem Fragen der Sicherheitspolitik angesprochen werden, aber die Diskussion über die sicherheitspolitischen Perspektiven dieses Landes, über die europäische Dimension unserer Sicherheitspolitik, wird verweigert. Vielleicht gibt es sie nach der EU-Präsidentschaft – wenn es gut geht!

Ich bedauere es, daß die Bundesregierung keinen gemeinsamen Optionenbericht zustandegebracht hat, daß wir darüber nicht reden können und deshalb in den wesentlichen inhaltlichen Fragen nicht weiterkommen. Denn es muß klar sein, daß auch wir unseren Beitrag zu leisten haben. Es ist zuwenig und wird auch nicht anerkannt und akzeptiert, daß wir zwar unsere Diplomaten schicken, aber dann, wenn diese bei der Durchsetzung der politischen Ziele nicht erfolgreich waren, die anderen zum Zug kommen – frei nach dem Motto: Jockel, geh du voran, du hast die größeren Schuhe an! (Abg. Wabl: Waffenbrüderschaft ...!) Das wird es auf europäischer Ebene, Herr Kollege Wabl, so nicht spielen.

Daher glaube ich, daß wir gut beraten sind, den im Vertrag von Maastricht vorgezeichneten sicherheitspolitischen Weg weiterzugehen und auch den Amsterdamer Vertrag mitzutragen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich finde es jedoch beschämend, welchen Eiertanz die Bundesregierung, in erster Linie die Sozialdemokratie, in der Frage der verfassungsrechtlichen Behandlung der Neutralität aufführt.


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