Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 51

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Damit komme ich gleich zum Vorwort dieses Außenpolitischen Berichtes. Ihre Stellvertreterin, die Frau Staatssekretärin, hat im Außenpolitischen Ausschuß erklärt, daß das Vorwort immer die persönliche Meinung darstelle. Nur: Eine persönliche Meinung, die im großen und ganzen schon die Position der Bundesregierung reflektieren sollte, ist in diesem Vorwort sicher nicht zu finden. Sie führen nämlich in bezug auf die NATO aus: Die Europäische Union und die NATO sind einander ergänzende Ausdrucksformen ein und derselben Solidar- und Wertegemeinschaft.

Herr Bundesminister! Glauben Sie wirklich, daß wir im Zusammenhang mit Jugoslawien so lange gewartet hätten, wenn es dieselbe Solidar- und Wertegemeinschaft gegeben hätte? – Daß die Entwicklung damals noch nicht so weit fortgeschritten war, war doch ein Grund für die Verzögerung!

In einem weiteren Punkt wird festgestellt, daß die Heimkehr der neuen Demokratien in das gemeinsame Europa erst dann abgeschlossen sei, wenn diese Staaten beiden Organisationen vollberechtigt angehörten. – Herr Außenminister! Ich frage Sie: Ist diese Darstellung wirklich die Meinung der Bundesregierung oder nur die der ÖVP und des ÖVP-Vorsitzenden? (Vizekanzler Dr. Schüssel: Das ist mein Vorwort!)

Mir ist klar, daß das Ihre Meinung ist. Aber dieses Buch, Herr Bundesminister, bleibt nicht in Österreich. Es beinhaltet jene Position, die der österreichische Außenminister in der Welt vertritt, und ist in sämtlichen amerikanischen Forschungseinrichtungen und in allen Universitäten der Welt zu finden! (Abg. Tichy-Schreder: Das ist auch gut so!) Jeder, der dieses Vorwort liest, ist der Überzeugung, daß Sie die akkordierte Meinung Österreichs repräsentieren.

Ich habe nichts dagegen, wenn Sie einmal punktuelle Differenzen aufzeigen, aber nicht in solch gravierenden Fragen wie der österreichischen Sicherheitspolitik, die noch dazu nicht einmal ansatzweise debattiert wurde, da sich die SPÖ weigert, eine offene Diskussion zu führen.

Wir sollten darüber diskutieren! Wir sollten über die NATO diskutieren, aber wir sollten auch über andere Sicherheitssysteme, die es erst aufzubauen gilt, diskutieren, namentlich die WEU! Man braucht Phantasie, Courage und Mut, um mit anderen Partnern in Europa darüber zu debattieren! (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Diesen Mut und diese Courage haben Sie offensichtlich nicht. Sie fühlen sich wohler, wenn Sie sich in bereits vorhandene Strukturen einbetten können, und sehen darin sozusagen Ihre Sicherheit. Das ist schade! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die abschließende Begründung, wonach sich die NATO in der Bewältigung dieser sicherheitspolitischen Herausforderung als unverzichtbares Rückgrat einer funktionierenden Sicherheitsstruktur erwiesen habe, heißt eigentlich, daß Österreich weder ein Rückgrat noch eine Sicherheitsstruktur hat. Wenn das die grundlegende Analyse ist, dann verstehe ich nicht, warum Sie, Herr Kollege Schieder, sich einfach der Diskussion entziehen. (Abg. Schieder: Ich entziehe mich nicht! Ich bin als nächster zu Wort gemeldet!) Oder Kollege Schüssel auf der Regierungsbank hat nicht recht. Der derzeitige Zustand ist jedenfalls unerträglich, und ich bitte Sie, dieses Thema zum Wohle der notwendigen sicherheitspolitischen Diskussion offensiv anzugehen.

Sie lassen jedoch in vielen Bereichen eigenständige Initiativen vermissen. Ich hoffe, daß wir bei den derzeit stattfindenden Verhandlungen über den internationalen Strafgerichtshof in Rom zu einem positiven Ergebnis kommen und nicht von Frankreich oder China, die selbstverständlich keine Eigenständigkeit und eine möglichst große Kontrolle haben wollen, blockiert werden.

Herr Khol! Sie haben gesagt: L’Autriche, c’est ce qui reste! Ich sage Ihnen: L’Autriche, ça m’interesse. – Das wäre vielleicht die richtigere Äußerung in puncto Außenpolitik. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Khol: Ich habe Clemenceau zitiert!) Sie zitieren Clemenceau, ich zitiere Gredler. (Abg. Dr. Khol: Ich habe nicht das Selbstbewußtsein, das Sie haben!)

Ich habe nicht den Eindruck, Herr Kollege, daß Ihre Fraktion bestrebt ist, in puncto Außenpolitik eine gemeinsame Basis zu finden, wie sie früher einmal im Hause Usus war. (Zwischenruf des Abg. Jung.  – Abg. Dr. Khol: Das war mit Ihrem Vater möglich!)


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