Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 192

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Gegenteil bewirken. Aber ich habe den Eindruck, daß manche, die Gefahr laufen, zu Betroffenen zu werden, nicht wissen, worauf sie sich einlassen beziehungsweise – was noch ärger ist –, was sie damit anrichten, wenn sie zulassen, daß sich ihr Kind darauf einläßt. Es gibt zum Beispiel Sekten, die unter dem Deckmantel von Nachhilfeinstituten segeln, und insofern glaube ich, daß dieses Gesetz nicht wirklich Abhilfe schaffen kann.

Außerdem frage ich mich, inwiefern sich die etablierten Einrichtungen mit dieser Problematik tatsächlich auseinandersetzen und ob nicht sowohl im Bereich des Innenressorts als auch im Bereich privater Vereine eine bessere Kooperation möglich gewesen wäre.

Hinsichtlich des Datenschutzes schließe ich mich den Bedenken, wie sie Frau Abgeordnete Motter geäußert hat, vollinhaltlich an. Im Lichte dessen nehme ich an, daß wir in nicht allzu ferner Zukunft dieses Gesetz wieder novellieren werden müssen.

Herr Bundesminister! Ich möchte noch auf eine ganz besonders gefährliche Tendenz aufmerksam machen: Durch die Verschiedenbehandlung von an sich gleichen Phänomenen könnte unter Umständen sogar für die anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften mit ihren etablierten, bewährten und unproblematischen Tätigkeiten eine Gefahr geschaffen werden. Denn in dem Maße, in dem für diesen etablierten Bereich keine Zuständigkeiten gegeben sind, laden Sie Sekten, destruktive Kulte und derartige Gebilde fast ein, allenfalls unter dem Deckmantel der etablierten Kirchen Zuflucht zu nehmen und unter einer gewissen Tarnung zu agieren. Das heißt: Ich wage zu bezweifeln, ob mit den jetzt vorliegenden Regelungen wirklich der von uns allen – wie ich annehme – angestrebte Zweck erreicht wird. Daher können wir dem Gesetz unsere Zustimmung nicht erteilen. (Beifall bei den Grünen.)

22.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dr. Bartenstein. – Bitte, Herr Bundesminister.

22.55

Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie Dr. Martin Bartenstein: Danke, Herr Präsident. Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Wenn Sie in Kürze – wie ich hoffe – dieser Regierungsvorlage Ihre Zustimmung geben, dann tun Sie damit nicht mehr und nicht weniger, als eine Struktur zu genehmigen, die an sich ebenso in Form einer Abteilung meines Hauses ins Leben gerufen werden hätte können. Die jetzige Lösung hat allerdings den Vorteil, daß diese Stelle weisungsfrei – auch von mir weisungsfrei! – und unabhängig gestellt und für jeden Staatsbürger Österreichs ansprechbar ist, ohne daß dieser den Umweg über die Ministerialbürokratie und Hierarchie nehmen muß. Das ist die Idee, die hinter der Schaffung dieser Bundesstelle für Sekteninformation und -dokumentation steht. Um nicht mehr, aber auch um nicht weniger geht es. Ich glaube, daß wir damit einen weiteren Schritt in der Bearbeitung und Bewältigung dessen gehen, was ich als Unwesen im Bereich der Sekten bezeichne. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

Ich sage ausdrücklich, daß ich in einem Punkt vollinhaltlich mit Frau Abgeordneter Mertel übereinstimme: Religions- und Glaubensfreiheit sind hohe Güter. Auch Sekten sind nicht per se abzulehnen respektive haben den Staat nicht a priori etwas anzugehen. Wenn jedoch von Sekten – und unsere Erfahrungen zeigen das immer wieder – in überdurchschnittlich hohem Ausmaße Gefährdungen für Bürger dieses Landes ausgehen, dann soll man helfen. Wir wissen, daß es im Bereich der Sekten zahlreiche relativ harmlose Gruppen gibt, die sich wirklich religiösen Anliegen widmen. Wir wissen aber, daß es auf der anderen Seite – Frau Abgeordnete Petrovic hat das erwähnt – auch Gruppen wie Scientology gibt, die wenig bis gar nichts Religiöses an sich haben, sondern offensichtlich nur wirtschaftlichen und politischen Interessen dienen respektive diese verfolgen. Darum geht es, und nun ist uns ein Instrument in die Hand gegeben, mit dem wir mehr tun können als bisher.

Herr Abgeordneter Stadler! Ich habe mich schon gefragt, was plötzlich mit dem freiheitlichen Parlamentsklub los ist. Denn die Sektenexpertin Ihres Parlamentsklubs, Frau Abgeordnete Apfelbeck, steht nicht auf der Rednerliste und ist nicht einmal anwesend. Herr Abgeordneter Stadler! Bei aller Wertschätzung Ihrer Kompetenz möchte ich feststellen: In Sachen Sekten


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