Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 92

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Okay, das kann man vertreten, wenn man Kiss heißt. Wir sind der Meinung, dieser Ermessensspielraum hätte nach unten gezogen werden müssen, dann hätte er sich auch harmonisiert.

Weil Kollege Jung davon gesprochen hat, daß Österreich kein Einwanderungsland sei, muß ich auf die Fristigkeitsfrage noch einmal eingehen. Es ist nicht so, Kollege Jung und Kollege Kiss, daß wir Ihnen die USA und Kanada vorhalten. Das machen wir schon auch manchmal, weil es lustig ist und weil es eben bedeutende Länder sind. Und wenn es um die NATO-Diskussion geht, können Sie die USA nicht hoch genug rühmen. Daher verwenden wir sie manchmal als Beispiel.

Aber ich halte Ihnen so exotische, extremistische und merkwürdige Länder wie Frankreich, wie Belgien, wie die Niederlande, wie Großbritannien vor. Das sind alles solch "exotische" Einwanderungsländer, wie sie Kollege Jung beschrieben hat, wo zuerst die Ureinwohner ausgerottet wurden, und dann hat man wieder Leute ins Land holen müssen. Also ich sehe das nicht so, ich bin nicht der Meinung, daß Frankreich, Belgien, die Niederlande und Großbritannien Länder in dem Sinn sind, wie Sie gemeint haben, Herr Kollege Jung. Diese Länder haben zum Beispiel Fristen von fünf Jahren. Diese Länder kennen selbstverständlich die Doppelstaatsbürgerschaft, und diese Länder haben wesentliche Elemente des ius soli, des Geburtsortsrechtes, eingebaut.

Herr Kollege Kiss und Herr Kollege Jung! Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! So abwegig ist es nicht, daß wir in einer Zeit, in der wir Mobilität predigen, in der wir der Meinung sind, die Menschen müssen sich auf dem europäischen Kontinent frei bewegen und niederlassen können, doch etwas mehr als in diesem Gesetz am Geburtsort des Staatsbürgerschaftswerbers anknüpfen. Wenn man noch dazu weiß, daß von den Neueinbürgerungen in Österreich zuletzt 29 Prozent in Österreich Geborene waren, dann sollten Sie schon darüber nachdenken, ob Sie die Lebenswirklichkeit überhaupt noch treffen, wenn Sie sich so verkrampfen und dem Geburtsort keine nennenswerte Funktion zuordnen wollen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher ist dieses Gesetz, was die Fristen und die Doppelstaatsbürgerschaft anlangt, ein restriktives Gesetz, ein Gesetz, das die Staatsbürgerschaft sozusagen heilig spricht, zu einer Art höchstem Gut macht. Das heißt, es ist vor dem Hintergrund der europäischen Integration mit diesem Zugang ein gestriges Gesetz, weil wir uns mehr um die Unionsbürgerschaft bemühen sollten, als uns ausschließlich in diesem restriktiven Sinn mit einer Verschärfung des Staatsbürgerschaftsrechtes zu befassen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vor dieser bösen Ahnung der Unionsbürgerschaft sind vielleicht auch die Ausführungen des Kollegen Jung zu verstehen, der die Ostöffnung in Zusammenhang mit dem Staatsbürgerschaftsrecht erwähnt hat. Denn natürlich, horribile dictu, wenn eines Tages unsere östlichen Nachbarländer, wie zum Beispiel Tschechien, Ungarn oder Slowenien, den Beitritt zur Europäischen Union geschafft haben werden, dann wird man sie nicht mehr so schleißig behandeln können, wie wir das mit den anderen in diesem Staatsbürgerschaftsgesetz tun, und das könnte in Ihrer Welt, Herr Kollege Jung, natürlich bedenklich sein. In unserer Welt ist es das nicht, denn was macht den Charakter unseres Landes aus? Daß es über Jahrhunderte mit offenen Grenzen zu diesen Ländern gelebt hat! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Ostöffnung bedeutet letztlich nichts anderes als den freiwilligen Zusammenschluß von Regionen und Gebieten, um die vor zirka 200 Jahren noch Kriege geführt wurden, um sie zu erbeuten. Jetzt kommen sie von selbst, und wir weisen sie ab!? Herr Kollege Jung! Wenn Sie das in Zusammenhang mit der Staatsbürgerschaftsdebatte erwähnen, dann macht mir das schwere Sorgen, weil Sie offenbar bereit sind, jedes Hindernis gegen die Ostöffnung aufzubauen, das Ihnen gerade einfällt. Daher war es mir wichtig, das an dieser Stelle zu erwähnen. (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Deswegen haben Sie auch solche Angst vor der Doppelstaatsbürgerschaft, denn es könnte durch die Doppelstaatsbürgerschaft womöglich ein Mensch in die Lage kommen, daß er sich auf sein Gewissen konzentrieren muß und nicht ausschließlich auf den Eid, auf irgendeinen Oberkommandierenden. Ich sage Ihnen: Das wäre manchmal für die Moral und die Disziplin in dieser oder jener Truppe ganz heilsam, wenn sich ihre Angehörigen nicht nur auf


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