Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 91

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17.35

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich meine, die Frage, was aus welcher Wortmeldung hervorgeht, ist sicher interpretierbar, aber eines steht für mich fest: Eine ganz, ganz massive Ablehnung jeder auch noch so kleinen freundlichen Geste gegenüber Menschen, die nicht hiesigen Blutes sind, ist aus den Ausführungen des Kollegen Jung schon deutlich erkennbar gewesen.

Und daß er als Fachmann zum Beispiel im Bereich der Kriminalität noch nicht einmal unterscheidet zwischen touristischer Fremdkriminalität und der Kriminalität hier ansässiger Menschen und daher Behauptungen aufstellt, die durch die Verkürzung noch nicht ganz falsch, aber in Wirklichkeit völlig unrichtig sind, was das Problem von Einbürgerung und Integration anlangt, das ist schmerzhaft, das ist sehr unangenehm. Das erweckt den Anschein, als ob es tatsächlich eine Einäugigkeit der Regierungsvorlage gebe.

Wenn die Regierungsvorlage in diesem Punkt einäugig ist, dann hat der Herr Bundesminister für Justiz das in seiner Stellungnahme zur Abgrenzung Straffälliger im Zusammenhang mit der Einbürgerung auf den Punkt gebracht, indem er formuliert hat, daß, wenn noch nicht einmal unterschieden wird zwischen bedingten und unbedingten Verurteilungen und wenn die Grenze für das Ausmaß der zulässigen Verurteilung von sechs auf drei Monate herabgesetzt wird, dies – ich zitiere wörtlich – "eine sachlich nicht gebotene Verschärfung der Verleihungshindernisse" sei. – Und das sagt der bekanntlich "radikale" und "extremistische" Bundesminister für Justiz.

Ich meine, dieser Position des Bundesministers für Justiz kann man sich einfach nur anschließen (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum) , denn es ist tatsächlich völlig unplausibel, was hier an überschießenden, offenbar ausschließlich an die Titelseiten von "Kronen-Zeitung" und "täglich Alles" adressierten Positionen in das Staatsbürgerschaftsgesetz aufgenommen wurde.

Wissen Sie, was das für Delikte sind, wegen derer man zu so einer Strafe von drei Monaten bedingt verurteilt werden kann? – Das ist zum Beispiel die üble Nachrede, das ist zum Beispiel die Sachbeschädigung, das ist zum Beispiel der Eingriff in Jagd- und Fischereirechte, das ist zum Beispiel die schwere Beeinträchtigung durch Lärm.

Ich meine, wenn wir ein Staatsbürgerschaftsrecht haben, in dem der § 181a des Strafgesetzbuches, die schwere Beeinträchtigung durch Lärm, ein Verleihungshindernis ist, dann ist es ein restriktives Staatsbürgerschaftsrecht. Wer das bezweifelt, der betreibt Schönfärberei, und insofern, Kollege Leikam, ist zwar der Anspruch "Integration vor Neuzuwanderung" ein Schlagwort, aber die Integration existiert nicht im wirklichen Sinn des Wortes. Dieses Gesetz ist einfach so restriktiv, daß es nicht integriert, sondern in Wirklichkeit fernhält.

Damit Ihnen deutlicher wird, was ich meine, darf ich Sie auch auf die Fristigkeiten hinweisen. Im Ausschuß hat Kollege Kiss – und ich gehe fast davon aus, daß er das heute anläßlich seiner Wortmeldung wiederholen wird – gesagt, es gibt Bundesländer in Österreich, die den Staatsbürgerschaftswerbern die Staatsbürgerschaft geradezu nachschmeißen. (Abg Kiss: Korrekt!) Das hat er gesagt. (Abg. Kiss: Korrekt!) Er hat weiters beklagt, daß die Fristen im Ermessensspielraum seitens der Bundesländer unterschiedlich wahrgenommen werden.

Das ist richtig, und ich habe Ihnen im Ausschuß gesagt und sage es von dieser Stelle aus auch: Es ist halt so ein Luder mit dem Föderalismus! Die Länder machen dann doch glatt, was sie wollen! Wenn man ein echter Föderalist ist wie der Kollege Kiss, dann muß man das rasch abstellen, denn wo kämen wir denn hin, wenn die Länder machen könnten, was sie wollen – bei einem Thema, das ihm nicht gefällt.

Es hat dem Kollegen Kiss deswegen nicht gefallen, weil sein Heimatbundesland, das Burgenland, immer sehr restriktiv war und die 10- und 30-Jahres-Fristen immer ausgenützt hat. Er war der Meinung: Wir als altes Bollwerk an der Grenze zum feindlichen Ungarn müssen die langen Fristen halten. Die verweichlichten Hintersassen in Wien hingegen haben kurze Fristen, und daher muß man die Fristen anheben.


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