Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 93

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den Eid beriefen, sondern manchmal auch auf ihr Gewissen! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Die Sprache sollte man wenigstens können, oder?)

Wenn Sie der Meinung sind, daß Krieg und Militär erstrangige Mittel zur Durchsetzung von politischen Inhalten sind, dann haben Sie recht, dann braucht der Staat den Fahneneid auf Tod und Leben, dann braucht er die singuläre Staatsbürgerschaft. (Abg. Scheibner: Das ist ja ein Unsinn, was Sie da bringen! Fragen Sie einmal den Moser, was er davon hält!) Dann braucht er sie unbedingt, nur dann kann er nämlich sagen: Du bist fahnenflüchtig!, wenn jemand den Wehrdienst verweigert. Ich meine, das sollte man einmal bedenken. Was wäre denn die Doppelstaatsbürgerschaft anderes als das, was wir im Bereich des Zivildienstes durchaus zulassen, nämlich daß so jemand möglicherweise nicht zu den Waffen eilt, sondern Zivildienst leistet? (Zwischenruf des Abg. Jung. ) Das wird Ihnen ja wohl zumutbar sein, Herr Kollege Jung, zu erkennen, daß das ein weiterer Anknüpfungspunkt für Zivildienst wäre. Aber so weit denken Sie in Ihrer militärischen Welt natürlich nicht. Da hört der Horizont offenbar beim Stahlhelmrand auf. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Daher sage ich noch einmal: Das Staatsbürgerschaftsrecht, das Sie hier vorlegen, ist mißlungen. Es ist restriktiv. Es leistet keinen Beitrag zur Integration, und es ist wirklich traurig, daß man sich mit so etwas am Ende des 20. Jahrhunderts befassen muß. Statt eine europäische Perspektive einzubauen, bauen Sie eine hinterweltlerische Perspektive in das Gesetz ein. Und daß Sie das ganz genau wissen, kann ich Ihnen hier schlüssig darlegen, denn Kollege Dietachmayr hat dankenswerterweise als Berichterstatter zum nächsten Tagesordnungspunkt, der gemeinsam mit diesem in Verhandlung steht, etwas Wichtiges ausgeführt.

Der nächste Tagesordnungspunkt, der in Verhandlung steht, ist das Europäische Übereinkommen über Staatsangehörigkeit, vom Europarat erarbeitet, von den Europaratsmitgliedern unterschrieben. Mehr als 50 Staaten haben sich eine Rahmenordnung für die Staatsbürgerschaftsrechte gegeben. Und das war keine einfache Sache, denn Sie wissen, wer Mitglied im Europarat ist. Das war ein anspruchsvolles Unterfangen. Trotzdem ist Österreich dieses Europäische Übereinkommen zu weitherzig, trotzdem ist es der österreichischen Bundesregierung zu offenherzig.

Es ist das Problem aufgetreten, daß es sich dabei um einen Staatsvertrag nach Artikel 50 B-VG handelt, der durch Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist. Das haben wir auch im Ausschuß so besprochen. Heute mußten Sie plausiblerweise nachtragen, daß dieser Erfüllungsvorbehalt nach Artikel 50 Abs. 2 B-VG durch die heutige Staatsbürgerschaftsgesetznovelle einerseits – das wäre ja noch ganz gut –, aber vor allem durch die Vorbehalte, die Österreich bei der Unterzeichnung dieses Europäischen Übereinkommens gemacht hat, de facto erledigt ist, denn bei all jenen Punkten in dem Europäischen Übereinkommen, die etwas mehr Öffnung gebracht hätten, die etwas mehr Chancen für Integration geboten hätten, hat sich Österreich durch Vorbehalte aus dem Übereinkommen ausgenommen. Deswegen müssen wir keine besonderen Gesetze zur Erfüllung dieses Übereinkommens erlassen! Das sagt alles über das Staatsbürgerschaftsgesetz und über die dahinterstehende Gesinnung.

Zuerst unterschreiben wir ein Europäisches Übereinkommen zur Liberalisierung und zur Harmonisierung der Staatsbürgerschaftsrechte, und dann machen wir zwölf Vorbehalte und müssen unser Recht nicht anpassen. Und was für Vorbehalte das sind, das darf ich Ihnen an ein, zwei Beispielen vorführen.

In dem Europäischen Übereinkommen ist zum Beispiel vorgesehen, daß die Elternschaft ein wichtiger Aspekt für die Staatsbürgerschaft von Kindern ist. Das würde ja durchaus noch in Ihre Welt passen, weil Sie ja sehr stark auf das Abstammungsprinzip setzen. Aber bedauerlicherweise hat man auf der europäischen Ebene bei der Elternschaft zwischen der ehelichen und der unehelichen Elternschaft keinen Unterschied gemacht. Daher mußten Sie einen Vorbehalt formulieren, in dem Sie unmißverständlich zum Ausdruck bringen, daß der Vater eines unehelichen Kindes in der österreichischen Rechtsordnung in Staatsbürgerschaftssachen nicht als Elternteil zu verstehen ist. (Abg. Schaffenrath: Pfui!) Das ist eine so schwere Diskriminierung unehelicher Kinder, daß ich es überhaupt nicht fassen kann, daß irgend jemand, der sich selbst


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