Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 134. Sitzung / Seite 127

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gesagt habe: Die funktionsfähigen Kommanden im Bereich der Truppe werden zerschlagen, die Militärbürokratie wird aufgebaut.

Ich bitte Sie, uns heute darüber zu informieren, was die Änderung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes wirklich bedeutet. Ich darf aus den Erläuterungen dazu zitieren: Es gibt einen Stabschef beim Bundesminister. Diesem Stabschef des Bundesministers für Landesverteidigung sind insbesondere einige Organisationseinheiten zugeordnet. Zur wirkungsvollen Wahrnehmung und Koordinierung dieser Aufgaben bezieht der Stabschef des Bundesministers den Zugriff auf die Gesamtorganisation des Bundesheeres, und zwar sowohl in der Zentralstelle als auch im nachgeordneten Bereich. (Abg. Jung: Da wird der Generalstabschef eingeführt, und die SPÖ stimmt zu!) Er steht organisatorisch außerhalb und durch seine Besonderheit gleichgeordnet neben den Sektionen. Das heißt, damit wird eine zusätzliche Sektion geschaffen. Dem Stabschef des Bundesministers obliegt daher auch die Koordinierung zwischen den einzelnen Sektionen. (Abg. Jung: Da wird der klassische Generalstabschef gemacht!)

Herr Bundesminister! Das ist der geradezu klassische Generalstabschef. Wenn Sie den klassischen Generalstabschef wollen, dann sagen Sie es hier! Machen Sie eine klare, neue Spitzengliederung des Bundesheeres! Wenn Sie mit der Amtsführung des derzeitigen Generaltruppeninspektors nicht einverstanden sind – aus welchen Gründen immer –, dann sagen Sie es und ziehen Sie die notwendigen personellen Konsequenzen daraus. Aber still und heimlich eine komplette Neustrukturierung der Spitzengliederung vorzunehmen, dagegen möchte ich mich mit aller Entschiedenheit verwahren!

Ich denke, daß die Spitzengliederung, die dabei herauskommt, auch nicht die optimale Spitzengliederung für das kleine österreichische Bundesheer ist. Aber ich darf Sie, Herr Bundesminister, ersuchen, uns hier und heute Antwort zu geben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Ich komme zum Punkt über die Frage der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und zu meinem Antrag.

Herr Kollege Murauer und Herr Kollege Gaál! Es geht nicht um die Diskussion, ob wir ein Berufsheer einführen wollen, sondern es geht darum, ob die Voraussetzungen gegeben sind, die allgemeine Wehrpflicht auszusetzen. (Abg. Murauer: Was ist die Konsequenz daraus?) Herr Kollege Murauer! Ich muß Ihnen jetzt sagen, daß die Frage des Wehrsystems eine Frage der Form der Rekrutierung ist. Es ist zu unterscheiden, ob eine Zwangsrekrutierung erfolgt – in Klammern: allgemeine Wehrpflicht – oder ob die Rekrutierung aufgrund von Freiwilligkeit erfolgt.

Eine Zwangsrekrutierung aufgrund der allgemeinen Wehrpflicht ist dann gerechtfertigt und sinnvoll, wenn eine umfassende Bedrohung des Gesellschaftssystems gegeben ist und daher – bezogen auf Österreich – jeder österreichische Staatsbürger aufgefordert ist, seinen Beitrag zu leisten, auch ... (Abg. Murauer: Das ist deine Auslegung! – Abg. Dr. Trinkl: Das ist deine Theorie!) Nein, das ist nicht meine Theorie, lieber Herr Kollege, das ist die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht! Lesen Sie es nach, lernen Sie österreichische Militärgeschichte, dann werden Sie auch wissen, daß die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht in der Idee der "lever en masse" wurzelt, in der Idee, daß jeder Bürger der Revolution aufgerufen ist, die Erfolge und Ergebnisse der Revolution auch zu verteidigen. Das ist die Grundidee der allgemeinen Wehrpflicht, liebe Herren Kollegen! (Abg. Murauer: Du gestattest auch den Blick über die Grenzen hinaus, um die Erfahrungen von dort einzubeziehen!)

Demnach geht es darum, das Gesellschaftssystem durch die Mobilisierung aller Kräfte – also auch durch die Zwangsrekrutierung zum Wehrdienst – zu schützen und zu bewahren. Liebe Herren Kollegen von der ÖVP! Diese Grundvoraussetzungen sind spätestens seit der politischen Entwicklung im Jahre 1989 und danach nicht mehr gegeben. Wir haben keine umfassende, gesamtheitliche Bedrohung unseres Gesellschaftssystems mehr. Wir haben keine militärische Bedrohung mehr.

Herr Kollege Murauer kennt als Mitglied des Verteidigungsausschusses auch die Analysen des Verteidigungsministeriums, aus denen klar hervorgeht, daß diese Bedrohung nicht mehr gegeben ist. (Abg. Scheibner: Das ist aber eine gefährliche Argumentation!) Daher besteht die Mög


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