Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 137. Sitzung / Seite 65

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sequenz erfordert, aber keine strafrechtliche. Sie, Herr Dr. Khol, sagen das jetzt gerne, weil Sie die Neutralität in diesem Zusammenhang auch in Frage stellen wollen. Ich habe das nie im Zusammenhang mit der Infragestellung der Neutralität gemeint, sondern von meinem Verständnis her, wozu das Strafrecht da ist. Für die Neutralitätsgefährdung meiner Meinung nach jedenfalls nicht!

Jetzt ist eine Änderung erfolgt, weil man natürlich auch Maßnahmen außerhalb die Strafbarkeit stellen muß, wenn sie aufgrund eines Beschlusses der OSZE oder aber des EU-Rates erfolgen. Also es gab eine Notwendigkeit, das zu regeln, und es ist geregelt worden.

Wir sind durch unsere EU-Mitgliedschaft auch dazu gezwungen, bei den Fördermaßnahmen eine Änderung der gesetzlichen Lage herbeizuführen und mißbräuchliche Förderungsinanspruchnahme unter Strafe zu stellen. Ich verhehle nicht, daß ich davon absolut nichts halte. Ich glaube, daß das Strafrecht dafür grundsätzlich nicht da ist. Und was mich noch besonders stört, ist, daß sogar Freiheitsstrafen vorgesehen werden müssen und wir nicht mit Geldstrafen das Auslangen finden. Das ist mir unangenehm. Ich gebe zu, in diesem Fall ist uns nichts anderes übriggeblieben, aber ich merke an, daß ich es nicht für richtig halte.

Überhaupt meine ich, daß das Strafrecht nicht die Ultima ratio, pardon nur die Ultima ratio sein soll. Wir haben zum Beispiel schon in den Jahren 1994, 1995 und 1996 Gespräche darüber geführt, was alles aus dem Strafrecht zu – unter Anführungszeichen – "entrümpeln" wäre, etwa auch die fahrlässige Krida – ich sage das auch im Zusammenhang mit dem Förderungsmißbrauch –, die im Strafrecht überhaupt nichts verloren hat. Aber da haben sich wieder Interessengruppen durchgesetzt, obwohl auch schon im Justizministerium in diese Richtung nachgedacht wurde.

Mit einem Wort: Diese Koalition – und nicht nur die Koalition, dabei hat sie die FPÖ an ihrer rechten Seite – glaubt, mit dem Strafrecht die Gesellschaft disziplinieren zu müssen. Ich glaube das nicht. Ich meine, daß das Strafrecht vor allem im privaten Bereich überhaupt nichts verloren hat. Wenn ich zurückdenke, wie vieler Diskussionen es bedurfte, um den Ehebruch aus dem Strafrecht zu eliminieren! Jetzt haben wir ihn wenigstens draußen. Was immer noch im Strafrecht enthalten ist, ist die Ehetäuschung, die Ehenötigung. Was hat der Strafrichter dabei verloren? Was ist damit getan, daß dann einer in den "Häfen" gehen muß? Es genügt durchaus, Bestimmungen zu haben, wann eine Ehe für nichtig zu erklären ist. Es genügt durchaus, wenn Sie schon die Scheidungsgründe aufrechterhalten wollen, daß man bestimmte Tatbestände definiert, die dann als Scheidungsgrund eingebracht werden können. Der Strafrichter hat nach meinem Verständnis da überhaupt nichts verloren, und wir werden daher auch in weiterer Verfolgung einer justizpolitischen Erneuerung einschlägige Anträge einbringen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es ist aber nicht erstaunlich, daß es keine Bereitschaft der Koalitionsparteien gibt, diesbezüglich etwas zu tun. Denn wenn insbesondere eine Fraktion glaubt, daß sie sogar die Erziehung von Kindern und Jugendlichen mit dem Strafrichter durchführen kann, dann darf man sich nicht wundern, daß die sonstigen Regelungen auch so ausschauen. (Neuerlicher Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Kollegin Fekter ist nicht mehr im Saal. (Abg. Dr. Fekter  – die sich im Bereich der SPÖ-Reihen befindet –: Ich bin da!) Ach, hier sind Sie. Auf der linken Seite hätte ich Sie nicht vermutet. – Ich brauche mir nur Ihre Argumentation in Erinnerung zu rufen, als es darum gegangen ist, auch einer Realität – ohnehin wieder nur nachvollziehend – Rechnung zu tragen, nämlich jener, daß die geschlechtliche Entwicklung der jungen Menschen heute weiter fortgeschritten ist, daß auch durch das gesamte gesellschaftliche Umfeld offensichtlich viel früher das Bedürfnis besteht, sexuelle Kontakte zu haben, und dieses vor allem auch ausgelebt wird.

Nun kann man sagen, das gefällt einem nicht. Ich möchte gar nicht behaupten, daß ich das für erstrebenswert halte; das ist schon richtig. Die Frage ist nur: Wie gehen wir damit um? Gehen wir so damit um, daß wir diese Kinder beziehungsweise Jugendlichen vor den Richter bringen, oder sagen wir, es muß eine andere Möglichkeit geben, sei es zu Hause – Sie reden ja immer


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